Bern/Lausanne (awp) - Rückschlag der Swisscom vor Bundesgericht im Streit um den Bau der Glasfasernetze: Das höchste Schweizer Gericht hat ein Gesuch des Telekomkonzerns um aufschiebende Wirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte Anfang Oktober den Glasfaserausbau der Swisscom mit dem Einfasermodell gestoppt. Dagegen hatte die Swisscom Rekurs eingelegt und ist damit unterlegen, wie aus dem Urteil des Bundesgerichts vom vergangenen Montag hervorgeht. Der Winterthurer Telekomanbieter Init7 als Kläger hatte die Entscheidung vorab in einem Tweet öffentlich gemacht.

Bundesverwaltungsgericht sieht Marktmissbrauch

Als Folge des Gerichtsurteils liegt die Glasfaserpartnerschaft mit Salt auf Eis. Die Swisscom will bekanntlich die Zahl der Glasfaseranschlüsse bis 2025 von einem Drittel der Haushalte und Geschäfte auf rund 60 Prozent erhöhen. Dabei legt sie nur noch eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht, was wesentlich billiger und schneller sei als das bisherige Ausbaumodell mit vier Fasern.

Dagegen hatte Init7 vor der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) geklagt, da Swisscom den Wettbewerb dadurch verunmögliche. In der Folge erliess die Weko vorsorgliche Massnahmen gegen die Swisscom und der weitere Ausbau mit dem Einfasermodell wurde gestoppt.

Einen Rekurs der Swisscom gegen die Weko hatte das Bundesverwaltungsgericht Anfang Oktober abgewiesen. Die Richter gehen davon aus, dass ein Ausbau des Glasfasernetzes mit dem Einfasermodell ein missbräuchliches Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens darstellt.

Etappensieg für Weko und Init7

Mit dem jetzigen Urteil des Bundesgerichts haben Init7 und die Weko den Sieg vor der höchsten Schweizer Instanz davongetragen. Sie hatten beantragt, das Gesuch der Swisscom um aufschiebende Wirkung abzuweisen.

In der Argumentation schloss sich das Bundesgericht der Weko und Init7 an. Es gehe bei den vorsorglichen Massnahmen der Weko nicht darum, einen bereits bestehenden Netzbetrieb einzuschränken, sondern darum, einen weiteren Ausbau nach dem Einfasermodell vorläufig zu untersagen.

Es drohe der Swisscom "daher nicht die Beeinträchtigung in einer bisherigen Tätigkeit, sondern sie wird lediglich vorläufig daran gehindert, ihre Tätigkeit in der von ihr gewünschten Form zu erweitern", urteilte das Bundesgericht. Bei einem späteren Sieg im Hauptverfahren könne die Swisscom den vorsorglich untersagten Ausbau weiterführen.

Die Befürchtungen von Init7 und der Weko seien auf der anderen Seite nicht von der Hand zu weisen, dass mit dem Ausbau des Netzes nach dem Einfasermodell vollendete Tatsachen geschaffen werden könnten, die nachteilig für die Wettbewerbssituation der Konkurrenten sein könnten, hiess es im Urteil. Dies spreche gegen eine aufschiebende Wirkung.

Swisscom sieht keine Behinderung des Wettbewerbs

Swisscom-Sprecher Sepp Huber bedauert den Entscheid, wie er auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP sagte. Der Ausbau der Glasfaser, vor allem im ländlichen Raum, verzögere sich dadurch. "Wir brauchen möglichst rasch Rechtssicherheit und damit Klarheit, damit wir beim Netzausbau wieder Vollgas geben können. Es darf nicht sein, dass die Schweiz aufgrund von unsicheren Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich beim Breitbandausbau in Rückstand gerät", sagte der Sprecher.

Zudem betonte Huber, dass das Urteil zur Rechtmässigkeit der von der Weko angeordneten vorsorglichen Massnahmen noch ausstehe. Swisscom weisst die Anschuldigungen zurück und sieht keine Behinderung des Wettbewerbs. Laut Huber ist der Wettbewerb intensiv und "alle Mitbewerber könnten unsere Netze mit der vollen Bandbreite nutzen und ihre eigenen Angebote über den sogenannten Layer-3-Zugang gestalten".

Ausbau sehr teuer

Wenn der "blaue Riese" auf die Sicht der Weko und des Bundesverwaltungsgerichts einschwenken würde, müsste er die Zuleitungen von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht erweitern. Laut Huber wäre dies wie der "Bau einer vierspurigen Autobahn in jede Ortschaft".

Zudem brauche es deutlich mehr Tiefbauarbeiten, um die Kabelschächte für die dickeren Glasfaserkabel zu vergrössern. Dazu müssten etwa Strassen aufgerissen werden, was wiederum Verzögerungen durch Baubewilligungen bedeute. Betroffen sind gemäss Huber vor allem die ländlichen Regionen, da in den Städten die Schächte grösser seien.

"Wenn wir Kabelkanäle im Tiefbau ausweiten müssten, wird das teuer", hatte Konzernchef Urs Schaeppi bereits Ende Oktober bei der Vorlage der Quartalszahlen gesagt. Eine Zahl wollte der Swisscom-Chef nicht nennen. Aber es gehe um viel Geld: "Es wird nicht um 2 bis 3 Millionen teurer, sondern viel teurer. Das wird den Ausbau auch zeitlich verzögern."

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