Von Jinjoo Lee

NEW YORK (Dow Jones)--Die großen US-Einzelhandelsketten verfügen über weit mehr als ausreichend Ware fürs Weihnachtsgeschäft. Sie können ihren Käufern mehr als genug Lebensmittel, Spielzeug und Süßigkeiten anbieten und damit ihre Regale in der Weihnachtszeit füllen. Während dies für die Käufer eine gute Nachricht ist, sind die Anleger nicht so sicher. Target meldete zuletzt, dass die Lagerbestände im dritten Geschäftsquartal, das Ende Oktober auslief, um 17,7 Prozent höher lagen als im Vorjahr, was deutlich über dem Umsatzwachstum von 13,2 Prozent rangiert. Walmart, das ebenfalls diese Woche seine Quartalszahlen vorlegte, berichtete, dass sein US-Geschäft im Vergleichszeitraum 11,5 Prozent mehr auf Lager hatte, während der Umsatz um 9,3 Prozent zulegte.


   Weihnachtsgeschäft könnte richtig rund laufen für US-Einzelhändler 

Eine ähnliche Dynamik spielte sich bei Home Depot ab, wo sich die Lagerbestände um 27,4 erhöhten und damit fast dreimal so stark wie das Umsatzwachstum. Dadurch liegt die Messlatte fürs Weihnachtsquartal nunmehr höher. Walmart und Target verfügen zusammen über fast 8 Milliarden US-Dollar mehr an Lagerbeständen als ein Jahr zuvor und übertreffen damit die 7 Milliarden Dollar an zusätzlichen Umsätzen, die die Wall Street für das vierte Quartal erwartet.

Nach den meisten Schätzungen dürften Walmart und Target keine Schwierigkeiten haben, im Weihnachtsgeschäft etwas zu verkaufen. Der Branchenverband NRF geht davon aus, dass sich die Weihnachtsumsätze in diesem Jahr zwischen 8,5 Prozent und 10,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr verbessern. Das übertrifft die eigene Prognose von Walmart für ein Umsatzwachstum auf vergleichbarer Fläche von 5 Prozent im vierten Quartal und entspricht der Prognose von Target für einen Anstieg im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich.


   Probleme mit der Rentabilität 

Dennoch werden die Anleger vor allem die Auswirkungen auf die Rentabilität im Auge behalten. Während die Gewinnspannen beider Einzelhandelsunternehmen in diesem Jahr im Großen und Ganzen zulegten, ist die Rentabilität im vergangenen Quartal gesunken, da die Unternehmen sich beeilten, ihre Lagerbestände und Arbeitskräfte aufzustocken. Beide Unternehmen bezahlten beispielsweise für teure gecharterte Schiffe, um Waren vor der -Ferienzeit zu importieren. Walmart stellte nach eigenen Angaben 200.000 neue Mitarbeiter für das Weihnachtsgeschäft ein, während Target 100.000 saisonale Mitarbeiter anheuerte. Beide Unternehmen haben auch die Löhne erhöht, um in einem angespannten Arbeitsmarkt Arbeitskräfte zu gewinnen.

Diese Investitionen waren nicht billig: Die Bruttomargen von Target schrumpften im vergangenen Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozentpunkte, während sie bei Walmart US um mildere 0,1 Prozentpunkte abbröckelten. Auch die operativen Margen waren bei beiden Einzelhändlern rückläufig. Die enttäuschenden Margen scheinen den beiden Aktien etwas die Luft genommen zu haben. Obwohl sie die Erwartungen der Wall Street sowohl beim Umsatz als auch beim bereinigten Gewinn je Aktie übertrafen, mussten sowohl die Aktien von Walmart als auch die von Target nach ihren jeweiligen Ergebnissen einen Kurseinbruch hinnehmen. Die Aktien von Target fielen nach der Telefonkonferenz mit Analysten um fast 5 Prozent, während die Aktien von Walmart nach Präsentation seiner Ergebnisse um 2,6 Prozent Federn ließen.


   Harter Wettbewerb im US-Weihnachtsgeschäft 

Zuletzt sagte Target-Finanzchef Michael Fiddelke, dass es schwierig sei, vorherzusagen, inwieweit der Kostendruck des vergangenen Quartals nur vorübergehend sei. Es ist gut möglich, dass sich die Margen erst verschlechtern, bevor sie besser werden. Im vorerst letzten Weihnachtsquartal verzeichneten alle Einzelhändler einen Rentabilitätsanstieg. Der Grund waren die niedrigen Lagerbestände in allen Sparten, was in weniger Werbeaktionen und mehr Verkäufe zum vollen Preis mündete. In diesem Weihnachtsquartal setzen die größten Einzelhändler viel Geld ein, um sicherzustellen, dass ihre Regale voll sind und die Kunden ihre Geschäfte besuchen und nicht die der Konkurrenz.

Das sind allerdings nur kurzfristige Befürchtungen. Walmart und Target verfolgen den richtigen Ansatz, indem sie ihre Umsätze und Kundenzahlen steigern, solange sie es noch können, auch wenn das bedeutet, dass sie in der nahen Zukunft Abstriche beim Gewinn machen müssen. Beide Einzelhändler verfügen auch über alternative Gewinnquellen. Dazu zählt Werbung und Logistik von Drittanbietern - Walmart Golocal - oder Versand - Shipt von Target. Beide können durch eine höhere Umsatzbasis eindeutig einen Aufschwung erfahren. Das Werbesegment von Walmart hat beispielsweise im vergangenen Quartal bereits genug erwirtschaftet, um den Verlust bei der Bruttomarge auszugleichen.


   Anleger sind skeptisch 

Dennoch ist es leicht zu verstehen, warum die Anleger die Preise für die Aktien von Walmart und Target auf den Prüfstand stellen. Die Marktkapitalisierung von Walmart im Verhältnis zum Umsatz liegt um etwa 17 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt, während die von Target um 81 Prozent höher gehandelt wird. Amerikas größte Einzelhändler werden in diesem Quartal einige große Geschenke machen müssen, um die Anleger bei der Stange zu halten.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/cbr

(END) Dow Jones Newswires

November 18, 2021 03:25 ET (08:25 GMT)