(neu: Aktuelle Kursentwicklung, Analysten-Einschätzung, weitere Details und Aussagen aus der Telefonkonferenz.)

GÖPPINGEN (dpa-AFX) - Der Softwareanbieter Teamviewer rechnet mit einer anhaltend hohen Nachfrage und will bei den Erlösen die Milliardenschwelle überspringen. Die Rechnungsstellungen (Billings) sollen 2023 unter anderem dank zusätzlicher Produkte und kleinerer Übernahmen bis auf eine Milliarde Euro steigen, wie der für seine Fernwartungssoftware bekannte Konzern am Dienstag in Göppingen mitteilte. Im vergangenen Jahr war dieser Wert - wie bereits bekannt - unter anderem wegen einer hohen Nachfrage infolge der Corona-Pandemie währungsbereinigt um 44 Prozent auf 460 Millionen Euro gestiegen.

Corona habe die Digitalisierung beschleunigt und Teamviewer damit geholfen, sagte Vorstandschef Oliver Steil bei einer Telefonkonferenz. Er sieht aber auch ohne diesen Effekt nachhaltiges Wachstum der Teamviewer-Produkte. Vor allem im Geschäft mit der Steuerung von Geräten, Maschinen und Industrieanlagen aus der Ferne will das vor 15 Jahren gegründete Unternehmen kräftig zulegen. "Unsere Lösungen optimieren Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette - sowohl in der Informationstechnologie als auch in operativen Bereichen", sagte Steil.

Im laufenden Jahr sollen die sogenannten Billings, eine Kennziffer für die in den kommenden zwölf Monaten erwarteten Einnahmen auf 585 bis 605 Millionen Euro zulegen. Währungsbereinigt soll es hier ein Plus von 29 bis 33 Prozent geben. Der bilanziert Umsatz soll dagegen nur um bis zu ein Fünftel auf 540 Millionen Euro steigen. 2020 hatte der Umsatz um 17 Prozent auf 456 Millionen Euro zugelegt.

Da das Unternehmen vor dem Börsengang im Herbst 2019 auf das in der Branche deutlich erfolgreichere Abomodell umgestellt hatte, liegt das Wachstum des bilanzierten Umsatzes derzeit unter dem der Billings. Dies soll sich aber bald ändern. Es werde erwartet, dass sich das Umsatz-Plus ab 2022 dem Billings-Wachstum angleichen wird.

Teamviewer geht zudem davon aus, dass die hohe Profitabilität trotz des steigenden Anteils des Geschäfts mit Großkunden im laufenden Jahr gehalten werden kann. So soll die Marge auf Basis des um Sondereffekte bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 55 und 57 (2020: 56,8) Prozent liegen. Dies ergibt rechnerisch ein operatives Ergebnis zwischen knapp 322 Millionen und 345 Millionen Euro.

Im vergangenen Jahr zog das bereinigte Ebitda um 44 Prozent auf 261 Millionen Euro an. Unter dem Strich verdiente Teamviewer mit 102 Millionen Euro etwas weniger als vor einem Jahr - Grund dafür waren vor allem deutlich höhere Steuerzahlungen. Mit den 2020er-Zahlen lag das Unternehmen beim Umsatz etwas unter der Erwartung der Experten. Das operative Ergebnis fiel dagegen etwas besser als prognostiziert aus.

Bei der Prognose für 2021 sieht es ähnlich aus. Die Margenprognose liegt über dem, wovon Experten derzeit ausgehen. Die Umsatzprognose liegt dagegen etwas unter der derzeitigen Durchschnittsschätzung. DZ-Bank-Experte Armin Kremse stufte vor allem das mittelfristige Wachstumsziel als überzeugend ein. Das damit implizierte jährliche Wachstum von 30 Prozent liege im Rahmen dessen, was das Unternehmen beim Börsengang angekündigt habe. "Offensichtlich ist Teamviewer in der Lage, ein solch hohes Tempo zu halten."

Die im MDax notierte Aktie drehte nach einem freundlichen Start in den Handelstag schnell ins Minus. Zuletzt büßte sie rund zweieinhalb Prozent auf 44,65 Euro ein. Händler sprachen davon, dass die Teamviewer-Anteile erneut an einem charttechnischen Widerstand gescheitert sind. Das Papier hatte sich allerdings zuletzt deutlich von dem Kursknick im Herbst infolge einer weiteren Platzierung des früheren Eigentümers, dem Finanzinvestor Permira, und Sorgen über die Nachhaltigkeit des Wachstums erholt.

Teamviewer ist am Kapitalmarkt bisher sehr erfolgreich gewesen und hat dem früheren Eigentümer einige Milliarden Euro in die Kassen gespült. Seit dem milliardenschweren Börsengang im September 2019 legte der Kurs um rund drei Viertel zu. Die Mehrheit der Experten traut dem Kurs weitere Gewinne zu. Das durchschnittliche Kursziel der 13 von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Experten liegt bei knapp 56 Euro und damit leicht über dem bisherigen Rekordhoch aus dem Sommer vergangenen Jahres.

Permira hatte Teamviewer 2014 für gerade mal 870 Millionen Euro gekauft und nur fünf Jahre später an die Börse gebracht. Über mehrere Aktienplatzierungen hat Permira seinen Anteil an dem Unternehmen mittlerweile auf rund 28 Prozent gesenkt und inklusive der Erlöse aus dem Börsengang bereits etwas mehr als 4,8 Milliarden Euro eingestrichen. Bei einer Marktkapitalisierung von derzeit rund neun Milliarden Euro sind die noch verbliebenen Anteile derzeit weitere 2,5 Milliarden Euro wert./zb/ngu/stk