Hamburg (Reuters) - Volkswagen fährt bei seiner Aufholjagd vorerst weiter hinter dem US-Elektroautopionier Tesla her.

Die Wolfsburger wollen im laufenden Jahr weltweit 800.000 reine Elektroautos vom Band laufen lassen, wie Porsche-Chef Oliver Blume am Donnerstag bei der virtuellen Hauptversammlung ankündigte. Das wären gut 75 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. 2023 soll die Zahl auf 1,3 Millionen Einheiten steigen. Blume ist im Konzernvorstand das Produktionsressort zuständig. Tesla-Chef Elon Musk hatte unlängst bereits einen Anstieg der Auslieferungen auf mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge in Aussicht gestellt, 60 Prozent mehr als 2021. Auch in den nächsten Jahren will Tesla die Auslieferungen um mindestens 50 Prozent steigern.

Volkswagen-Chef Herbert Diess hatte zu Wochenanfang eingeräumt, das Ziel, Tesla 2025 als Marktführer abzulösen, sei kein Selbstläufer. "Das wird ein enges Rennen", sagte er. Diess zeigte sich überrascht, dass der Hauptkonkurrent aus den USA so schnell und gut vorbereitet sei. Er hat Tesla wiederholt als strahlendes Beispiel angepriesen, um das Management für einen schnelleren Wechsel in die Elektromobilität zu gewinnen. Dafür wurde er intern kritisiert, da der amerikanische Konzern andere Startbedingungen habe als VW. So konnte der US-Rivale in Grünheide nahe Berlin auf der grünen Wiese binnen kurzer Zeit ein komplett neues Werk hochziehen, das gerade angelaufen ist. Volkswagen will mit einer neuen Fabrik vor den Toren des Wolfsburger Stammwerks dagegenhalten. Dort soll 2026 das neu entwickelte E-Auto "Trinity" vom Band laufen.

E-AUTOS SCHON BALD SO PROFITABEL WIE VERBRENNER

Diess kündigte auf der Aktionärsversammlung an, Volkswagen werde beim Verkauf von Elektroautos früher als geplant ebenso profitabel sein wie im Geschäft mit Verbrennern. Als Grund nannte er das Baukastensystem des Konzerns, das mit immer mehr Fahrzeugmodellen ausgerollt wird. Immer mehr Fabriken würden auf die Produktion von E-Autos umgerüstet und die Plattform-Technologie auch an Wettbewerber wie Ford verkauft, sagte Diess. Bisher ging man in Wolfsburg davon aus, in zwei bis drei Jahren mit E-Autos so viel zu verdienen wie mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren.

Angesichts des Krieges in der Ukraine und des Lockdowns in Chinas Wirtschaftmetropole Shanghai ziehen für die Konjunktur jedoch dunkle Wolken auf. Diess erklärte, Volkswagen sei in der Lage, Krisen zu bewältigen. Auch 2022 werde das Management den Umbau vorantreiben, trotz geopolitischer und wirtschaftlicher Herausforderungen.

GRÜNES LICHT FÜR ELEKTRO-PICKUP

Der Aufsichtsrat hatte am Vorabend der Hauptversammlung grünes Licht für die Pläne des Vorstand gegeben, in den USA in das lukrative Geschäft mit Pickups und geländegängigen SUVs einzusteigen. Dazu sollen unter der Marke "Scout" zwei rein elektrische Modelle an den Start gehen. Die Serienproduktion soll 2026 anlaufen. Finanzielle Details nannte Volkswagen nicht.

Reuters hatte aus Unternehmenskreisen erfahren, der Aufsichtsrat werde voraussichtlich 100 Millionen Euro freigeben, um die Marke aufzubauen. Später sollten weitere Mittel folgen, für deren Finanzierung auch externe Investoren gewonnen werden sollten. Ein späterer Börsengang dieser Aktivitäten sei nicht ausgeschlossen. Auch ein neues Werk ist im Gespräch.