DUBAI (awp international) - Der Flugzeugbauer Airbus hat auf der Luftfahrtmesse in Dubai den grössten Auftrag seit Beginn der Corona-Pandemie erhalten. Zum Start der Messe am Sonntag bestellte das US-Unternehmen Indigo Partners für seine Billigflug-Beteiligungen Wizz Air (Ungarn), Frontier (USA), Volaris (Mexiko) und Jetsmart (Chile/Argentinien) insgesamt 255 Airbus-Jets aus der A321neo-Reihe. Darunter sind 29 Exemplare in der neuen Langstreckenversion A321XLR. Am Montag kündigte zudem der Flugzeugfinanzierer Air Lease Corporation (ALC) den Kauf von 111 Maschinen an - darunter die neue Frachtversion des Airbus-Grossraumjets A350.

An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Airbus-Aktie legte am Montag zeitweise um mehr als drei Prozent zu. Am frühen Nachmittag lag sie noch mit 2,24 Prozent im Plus bei 114,66 Euro und war damit zweitstärkster Titel im Dax . Im bisherigen Jahresverlauf hat das Papier rund 28 Prozent gewonnen. Das Rekordhoch von 139,40 Euro vom Januar 2020 ist aber immer noch ein gutes Stück entfernt.

Die Bestellungen sind ein deutliches Signal der Erholung in der Luftfahrtbranche fast zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie. Den Wert der Grossaufträge bezifferte Airbus nicht. Laut der letzten veröffentlichten Preisliste von 2018 hätte die Bestellung von Indigo Partners einen Gesamtwert von etwa 33 Milliarden US-Dollar (28,8 Mrd Euro). Allerdings dürfte die Langstreckenversion A321XLR teurer sein als der normale Mittelstreckenjet A321neo. Andererseits sind gerade bei grossen Bestellungen hohe Rabatte üblich.

Die Fluggesellschaften Wizz Air, Frontier, Volaris und Jetsmart hätten "in den letzten Monaten schnell und entschlossen gehandelt, um sich für diese wegweisende Bestellung zu positionieren", sagte Airbus-Verkaufschef Christian Scherer. Der US-amerikanische Finanzinvestor Indigo Partners - der nichts mit der indischen Fluglinie Indigo zu tun hat - hat sich auf Beteiligungen an Billigfluggesellschaften spezialisiert.

Die ungarische Wizz Air rüstet sich mit der Bestellung für den weiteren Ausbau ihres Geschäfts - und dies auch auf der Langstrecke. Denn von den 255 Flugzeugen aus der Grossbestellung soll mit 102 Exemplaren der grösste Anteil bei Wizz Air zum Einsatz kommen. Bei 27 dieser Maschinen handelt es sich um die Langstreckenversion A321XLR, deren Bau Airbus erst 2019 angekündigt hatte. Wizz Air hat nun zusammen mit einem früheren Auftrag insgesamt 47 Exemplare der "XLR" bestellt.

Das Flugzeug verfügt wie der Mittelstreckenjet über einen Standardrumpf mit einem Mittelgang zwischen den Sitzen. Dank einer Reichweite von 8700 Kilometern ist die Maschine auch für Flüge von Mitteleuropa über den Atlantik geeignet.

Auch der Flugzeugfinanzierer ALC stellte eine Bestellung von 20 Exemplaren der A321XLR in Aussicht. Eine am Montag verkündete Absichtserklärung umfasst den Kauf von insgesamt 111 Passagier- und Frachtflugzeugen aus allen derzeit angebotenen Modellreihen, darunter sieben Exemplare der neuen Frachtversion des Grossraumjets A350, die erst Mitte des Jahrzehnts auslieferungsbereit sein soll.

Der Löwenanteil der Bestellung entfällt mit 25 Maschinen vom Typ A220 und 55 von Typ A321neo auf die Kurz- und Mittelstreckenjets. Ausserdem will ALC 4 Grossraumjets vom Typ A330neo ordern.

Weltweite Einschränkungen für Reisende hatten den internationalen Tourismus in vielen Ländern fast komplett lahmgelegt und damit auch Fluggesellschaften und Hersteller schwer getroffen. Derzeit zieht die Nachfrage aber wieder an, auch mit Blick auf die steigende Zahl der Corona-Impfungen und eine schrittweise Normalisierung beim Reisen.

Für die kommenden zwei Jahrzehnte bis 2040 rechnet Airbus wie sein US-Rivale Boeing mit einer weiter steigenden Nachfrage nach Flugzeugen. Weltweit dürften bis dahin etwa 39 000 neue Passagier- und Frachtmaschinen benötigt werden, teilte Airbus in Dubai mit. Dabei gehe es nicht nur um einen weiteren Flottenausbau. Gut 15 000 der neuen Jets dürften nach Einschätzung des Herstellers ältere und spritdurstigere Maschinen ersetzen.

Der Löwenanteil der Nachfrage dürfte laut Airbus mit knapp 29 700 Exemplaren auf die Kurz- und Mittelstreckenjets wie die Airbus-Modelle A320neo und A220 und der Boeing 737 Max entfallen. Das mittlere Segment mit der A321XLR und dem kleinsten Grossraumjet A330neo dürfte auf 5300 Maschinen kommen. Bei den Grossraumjets wie den Boeing-Modellen 777 und 787 sowie den Airbus A350 sieht das Unternehmen noch einen Bedarf von 4000 Maschinen bis zum Jahr 2040. Boeing hatte bereits im September eine wachsende Nachfrage in den kommenden zwei Jahrzehnten vorhergesagt.

Auch im Militärgeschäft vermeldete Airbus einen Erfolg: Die Vereinigten Arabischen Emirate bestellten in Dubai zwei weitere Tankflugzeuge vom Typ A330 MRTT.

Unterdessen punktete Boeing mit seinen Frachtflugzeugen. Die arabische Fluglinie Emirates bestellte in Dubai zwei grosse Frachtjets vom Typ Boeing 777. Die Deutsche-Post-Tochter DHL Express orderte neun zu Frachtjets umgebaute Passagiermaschinen vom Typ Boeing 767, und die Leasinggesellschaft Icelease bestellte elf kleine Frachtflugzeuge auf Basis des Passagierjets 737-800.

Auf der Messe in Dubai zeigt Boeing zudem erstmals seinen modernisierten Grossraumjet 777X der Öffentlichkeit. Die Maschine ist die Nachfolgerin des Verkaufsschlagers 777 und soll rund zehn Prozent weniger Treibstoff verbrauchen. Allerdings musste Boeing die Markteinführung bereits deutlich nach hinten verschieben, was den Konzern Milliarden kostet. Jetzt soll es Ende 2023 soweit sein./stw/lew/jha/