Die Bundesregierung hält sich zu einem möglichen Staatseinstieg bei Thyssenkrupp bedeckt.

Zu etwaigen Hilfsanträgen von einzelnen Unternehmen könnten keine Angaben gemacht werden, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der im Zuge der Corona-Krise gegründet wurde und auch die Möglichkeit von Staatsbeteiligungen an Konzernen vorsieht, habe mittlerweile von rund 70 Unternehmen Interessensbekundungen für Hilfsmaßnahmen erhalten. Diese umfassen auch Bürgschaften und Kredite.

Laut "Manager Magazin" prüfen Kanzleramt und Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine direkte Beteiligung des Staates an der krisengeplagten Stahlsparte von Thyssenkrupp - ähnlich wie bei der Lufthansa. Bei einem Besuch des Duisburger Stahlstandorts des Konzerns Ende August hatte Altmaier über ein solches Modell gesagt: "Die Frage stellt sich nicht." Die NRW-Landesregierung, die mit Ministerpräsident Armin Laschet im Kuratorium der Krupp-Stiftung vertreten ist, wollte sich zu dem Thema ebenso wenig äußern wie Thyssenkrupp.

GEWERKSCHAFT UND SPD FORDERN VOM STAAT MEHR ENGAGEMENT

In den Reihen der Gewerkschaft IG Metall und der NRW-SPD trifft eine mögliche Staatsbeteiligung auf Zuspruch. NRW-Bezirkschef Knut Giesler hatte in der vergangenen Woche die Bedeutung von Thyssenkrupp hervorgehoben. "Thyssenkrupp ist in Nordrhein-Westfalen systemrelevant." In der Stahlsparte seien 27.000 Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kämen Zulieferer und weitere Firmen. "Wir reden über 100.000 Arbeitsplätze, die am Stahl hängen." Nordrhein-Westfalen sei ohne Stahl nicht denkbar. "An einem solchen Punkt ist die Politik in der Verantwortung."

Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte am Freitag allgemein zur Stahlbranche, die Regierung wolle verhindern, dass Jobs - auch bei den Zulieferern - ins Ausland verlagert würden. Altmaier habe deswegen ein Konzept zur Weiterentwicklung der Branche vorgelegt, das aber keine Verstaatlichung einzelner Konzerne vorsehe.. Es gehe um die Unterstützung der Branche, die klimafreundlicher werden müsse, aber mit Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, einer Corona-bedingt geringeren Nachfrage sowie Handelsstreitigkeiten kämpfe. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, energieintensive Industrien sollten nicht ins Ausland abwandern.

Die EU-Handelsminister beraten am Montag in Berlin. Dabei wird es laut Bundeswirtschaftsministerium auch um die Lage der europäischen Stahlindustrie gehen. "Die Branche befindet sich seit Jahren in einem Anpassungsprozess und leidet vor allem an Überkapazitäten auf den globalen Stahlmärkten und steht auch aufgrund der erhöhten Anforderungen im Bereich Klimaschutz vor einem großen Transformationsprozess", beschrieb das Ministerium die Lage.

Der größte deutsche Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel Europe ist von der Corona-Krise hart getroffen. Das Unternehmen hatte in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2019/20 einen operativen Verlust von rund 700 Millionen Euro eingefahren. Konzern-Vorstandschefin Martina Merz hält sich alle Optionen offen - eine Partnerschaft oder Fusion mit einem Konkurrenten wie etwa dem schwedischen SSABKonzern, einen Verkauf oder eine Sanierung in Eigenregie. Die Branche steht vor milliardenschweren Investitionen in eine CO2-freie Stahlproduktion. Altmaier hat zugesagt, die Branche unter anderem bei dem Zugang zu Fördergeldern zu unterstützen. Alle Hilfen müssten aber natürlich mit dem Wettbewerbsrecht in Einklang stehen.