Von Rochelle Toplensky

PARIS (Dow Jones)--Der französische Öl- und Gasriese Total schlägt sich unter einer Reihe von Sorgenkindern in einem von den Märkten ungeliebten Sektor wohl noch am besten. Das Unternehmen hat ein traumatisches Jahr für die Ölindustrie besser überstanden als die europäischen Konkurrenten Shell und BP. Das bestätigen die gerade veröffentlichten Jahresergebnisse.

Die Branche ist in der Tat nichts für schwache Nerven, da die Welt auf sauberere Energieformen umsteigt, aber Total scheint für eine Reihe von Szenarien gut gerüstet zu sein.


   Neue Felder jenseits von Öl 

Das Unternehmen ist zweitgrößter Produzent von verflüssigtem Erdgas und hat seine Öl- und Gasreserven im vergangenen Jahr um bedeutende Funde erweitert. Doch die Franzosen entwickeln auch ein Geschäft mit erneuerbaren Energien. Sie haben einige Raffinerien auf Biodiesel umgestellt und investieren in Anlagen für erneuerbare Energien. Sie bieten Dienstleistungen an und beschäftigen sich mit Batterien, dem Aufladen von Elektroautos, Wasserstoff und Technologien zur Kohlenstoffabscheidung.

Dermaßen viele Aktivitäten könnten das Risiko erhöhen, sich zu verzetteln, aber die Ergebnisse von Total waren bisher stabil. Das Unternehmen hat den Vorteil niedriger Produktionskosten und einer soliden Bilanz. Es kauft seit Jahren Unternehmen in verschiedenen Branchen rund um den Globus, ohne sich dabei zu übernehmen, wie es Shell 2016 mit dem Kauf der BG Group tat. Total musste auch nicht die enormen Kosten großer Ölverschmutzungen verdauen, wie es BP mit den Katastrophen in Alaska 2006 und im Golf von Mexiko 2010 zu tun hatte.


   Branchenweit führende Dividendenrendite 

Investoren schätzten die Ölkonzerne früher für ihre stabilen und wachsenden Dividenden. Aber sowohl Shell als auch BP kürzten ihre Ausschüttungen, als die Pandemie die Ölnachfrage traf. Total kam um diesen Schritt dagegen herum und bietet nun eine branchenweit führende Dividendenrendite von 7,5 Prozent. Die Zahlungen sind bei einem Ölpreis von 40 US-Dollar pro Barrel nachhaltig, so das Management.

Die Ölaktien kamen im vergangenen Jahr enorm unter Druck, haben sich aber wieder erholt, da der Optimismus über Impfstoffe gegen Covid-19 zunimmt. Derweil notieren die Aktien von Total nach wie vor unter den langfristigen durchschnittlichen Gewinnmultiplikatoren. Das muss nicht allzu sehr verwundern, da inzwischen acht der zehn größten Volkswirtschaften der Welt versprochen haben, die Netto-Kohlenstoffemissionen bis 2050 oder 2060 auf null zu reduzieren.


   Stellung als Multi-Energie-Anbieter angepeilt 

Total schlug neben seinen Jahresergebnissen eine Namensänderung in "TotalEnergies" vor. Investoren sollten sich nicht zu vielen Illusionen hingeben, dass der Konzern plötzlich im Hauruckverfahren zum Multi-Energie-Anbieter aufsteigt. Schließlich ist ein Unternehmen mit mehr als 100.000 Mitarbeitern in 130 Ländern und einem Marktwert von rund 94 Milliarden Euro nicht einfach zu manövrieren.

Dennoch bietet die Bilanz des Unternehmens eine gewisse Hoffnung auf Schritte in die richtige Richtung und die hohen Dividenden eine gewisse Entschädigung für das Risiko.

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DJG/DJN/axw/smh

(END) Dow Jones Newswires

February 10, 2021 04:35 ET (09:35 GMT)