Hamburg/Washington (Reuters) - Volkswagen steigt in den USA in das lukrative Geschäft mit Pick-ups und SUVs ein und bringt dazu zwei rein elektrische Modelle an den Start.

Der Aufsichtsrat gab am Mittwoch grünes Licht für die Pläne des Vorstands, der dafür die US-Traditionsmarke "Scout" wiederbeleben will. Dazu soll noch in diesem Jahr in den USA ein separates Unternehmen für Design, Entwicklung und Produktion gegründet werden. Die elektrifizierte Marke Scout werde auf ein neues technisches Plattformkonzept setzen, teilte Volkswagen mit. Erste Prototypen sollen im nächsten Jahr gezeigt werden. Die Serienproduktion soll 2026 anlaufen. Finanzielle Details nannte der Autokonzern nicht.

Mit Scout steigt Volkswagen in das von General Motors und Ford dominierte Segment für SUV und Pick-ups ein, das hohe Renditen abwirft. "Nachdem Volkswagen den Turnaround in den USA geschafft hat, nutzen wir nun die Chance, unsere Position in einem der wichtigsten Wachstumsmärkte für Elektrofahrzeuge weiter auszubauen", sagte Konzernchef Herbert Diess. Die Elektrifizierung biete dem Konzern die historische Möglichkeit, in das Segment für Pickups und geländegängige SUV (R-SUV) einzusteigen. So wolle man zu einem wichtigen Akteur auf dem US-Markt werden.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor aus Unternehmenskreisen erfahren, der Aufsichtsrat werde voraussichtlich 100 Millionen Euro freigeben, um die Marke aufzubauen. Später sollten weitere Mittel folgen, für deren Finanzierung auch externe Investoren gewonnen werden sollten. Ein späterer Börsengang dieser Aktivitäten sei nicht ausgeschlossen. Auch ein neues Werk ist im Gespräch.

Der Name "Scout" geht auf ein Modell des ehemaligen US-Herstellers International Harvester zurück. Dessen Lkw-Sparte wurde später unter dem Namen Navistar weitergeführt. Die Markenrechte an Scout gingen bei der Übernahme des US-Lastwagenbauers 2020 durch Traton an Volkswagen.

Die von Harvester hergestellten Modelle Scout und Travelall waren Vorläufer beliebter SUVs der großen drei Detroiter Autohersteller wie dem Ford Bronco und dem Chevrolet Suburban von General Motors. Harvester stellte 1980 nach den Ölpreisschocks Mitte der 1970er Jahre den Bau der Fahrzeuge ein, als das Unternehmen eine Umstrukturierung durchlief.

Grundzüge des Erscheinungsbildes des Scout leben heute in Fahrzeugen wie Fords aktuellem Bronco und dem Design der Pickup- und SUV-Linie R1 des Elektro-Startups Rivian weiter.

KAPAZITÄTEN IM US-WERK IN CHATTANOOGA REICHEN NICHT AUS

Anders als die beiden US-Platzhirsche Ford und GM plant der Wolfsburger Autokonzern geländegängige Fahrzeuge, die auf einer dafür eigens entwickelten Plattform stehen sollen. Im Werk in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee, wo ab Sommer der ID.4 vom Band laufen soll und das für die Produktion des elektrischen Bulli-Nachfolgers ID.Buzz erweitert werden soll, reichten die Kapazitäten nicht, sagte ein Insider. Deshalb denke man auch über ein neues Werk nach.

Diess hatte vor kurzem einen Wachstumsplan für die USA angekündigt, um die Abhängigkeit vom Geschäft in China zu verringern. Der Marktanteil in den USA, wo sich VW nach dem Dieselskandal vor fast sieben Jahren berappelt, soll bis 2030 auf zehn Prozent mehr als verdoppelt werden. Den Bau einer Batteriezellfertigung in den USA hat Volkswagen bereits angekündigt. Der Standort ist noch nicht bekannt.

In den USA ist ein Rennen um die vorderen Plätze bei Elektro-Pick-ups entbrannt. Tesla hat den futuristisch anmutenden Cybertruck angekündigt, für den es aber noch kein Lieferdatum gibt.