Die Volkswagen-Holding Traton will ihre Nutzfahrzeugtöchter auf Rendite trimmen und nimmt sie dazu stärker in die Pflicht. "Wir wollen die Verantwortung der Marken-Vorstände für die Profitabilität und die Leistungsfähigkeit von Scania, MAN und Volkswagen Caminhoes e Onibus stärken", sagte der neue Vorstandschef Matthias Gründler am Mittwoch bei der virtuellen Aktionärsversammlung. Die Marken benötigten Handlungsfreiheit, um ihre Profitabilitätsziele zu erreichen.

Durch die Neujustierung der Strategie will Gründler den Marken mehr Spielraum bei der Ausrichtung geben, andererseits nimmt er die Vorstände damit aber für das Erreichen der Ziele stärker in die Pflicht. Eine völlige Abkehr von der bisherigen Strategie ist dies nicht. Schon sein Vorgänger Andreas Renschler war darauf bedacht, den beiden selbstbewussten Lkw- und Bus-Herstellern MAN und Scania möglichst viel Eigenständigkeit zu gewähren. Gleichzeitig wurde die Zusammenarbeit vorangetrieben, um Synergien zu heben. Gründler ließ offen, wie genau er sich die größere Eigenverantwortung vorstellt. Details sollen offenbar in den kommenden Wochen noch erarbeitet werden. Klar ist, dass die Zusammenarbeit beim Einkauf ausgebaut werden soll.

MAN, die Traton in der Corona-Krise tief in die roten Zahlen gerissen hat, hat bereits ein Sparpaket angekündigt. Damit solle die operative Umsatzrendite, die zuletzt negativ war, binnen drei Jahren auf acht Prozent hochgetrieben werden. Bis zu 9500 Arbeitsplätze, fast ein Viertel der weltweiten Belegschaft, fallen dem zum Opfer. Der Betriebsrat warf dem Vorstand vor, den bis Ende 2030 vereinbarten Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen kippen zu wollen. Ein MAN-Sprecher sagte auf Anfrage dazu: "Das wird sicherlich ein Thema in den Verhandlungen." Die Arbeitnehmervertretung betonte, eine Umstrukturierung könne nur mit der Belegschaft gelingen, nicht gegen sie. Sollte sich das Management nicht an Zusagen halten, lägen für die Belegschaft "alle Optionen auf dem Tisch", sagte Betriebsratschef Saki Stimoniaris.

Volkswagens Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh riet dem Traton-Management, sich mit anderen Themen als der Kündigung der Standort- und Beschäftigungssicherung zu beschäftigen. Sollten bei MAN tatsächlich Arbeitsplätze aus wirtschaftlichen Gründen abgebaut werden, müssten andere Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb des Konzerns geprüft werden.

TRATON KOOPERIERT BEI SELBSTFAHRENDEN LKW MIT TUSIMPLE

Gründler kündigte zudem eine Kooperation mit dem auf selbstfahrende Lastwagen spezialisierten US-Unternehmen TuSimple an. Ziel ist es, in Schweden, Deutschland und weiteren Ländern Lkw-Flotten auf der Straße zu erproben, die ohne Fahrer auskommen. Erste Tests mit Fahrzeugen von Scania sollen schon in Kürze auf einer Strecke zwischen Södertelje und Jönköping in Schweden beginnen. [L5N2GK19G]

Fragen zum Stand der Gespräche mit dem US-Partner Navistar wich das Management auf der Hauptversammlung aus. Traton hatte seine Offerte für die restlichen Anteile an Navistar jüngst um rund 700 Millionen Dollar auf fast 3,6 Milliarden Dollar aufgestockt. Das reicht Navistar aber nicht. Der Verwaltungsrat des US-Unternehmens erklärte, das höhere Angebot bewerte Navistar deutlich zu niedrig.