NEW YORK (dpa-AFX) - Die von Elon Musk vorübergehend ausgesetzte Übernahme von Twitter hat die Aktien des Online-Dienstes im frühen Handel am Freitag einbrechen lassen. An der New York Stock Exchange sackten die Papiere um mehr als zehn Prozent auf 40,40 US-Dollar ab. Sie fielen auf den tiefsten Stand seit Ende März, kurz vor dem Übernahmeangebot von Musk. Im vorbörslichen Handel waren Twitter sogar um bis zu 25 Prozent eingebrochen. Die zuletzt schwer gebeutelten Papiere von Tesla erholten sich dagegen um knapp fünf Prozent.

Der Tech-Milliardär Musk hat seinen Deal zum Kauf von Twitter für vorläufig ausgesetzt erklärt. Er wolle erst Berechnungen dazu abwarten, dass Accounts, hinter denen keine echten Nutzer stecken, tatsächlich weniger als fünf Prozent ausmachen, schrieb Musk am Freitag bei Twitter. Der Online-Dienst hatte diese Schätzung Anfang der Woche veröffentlicht. Rund zwei Stunden nach seinem Aussetzungs-Tweet versicherte Musk dann, dass er aber weiterhin an der Übernahme interessiert sei. Twitter und Musk wollten die Übernahme bislang bis Jahresende abschließen.

Musk hatte den Twitter-Aktionären bei einer Übernahme 54,20 Dollar je Aktie in Aussicht gestellt hatte. Allerdings war das Papier schon am Donnerstag mit gut 45 Dollar deutlich niedriger aus dem Handel gegangen - ein Zeichen der Skepsis von Investoren, ob Musk den Deal tatsächlich durchzieht.

Mit Blick auf den Kurseinbruch von Twitter könnte es für die Anteilseigner sogar noch schlimmer kommen. Bereits zu Wochenbeginn hatten die Analysten von Hindenburg Research gewarnt, dass der Chef des Elektroautobauers Tesla alle Trümpfe in der Hand halte, seitdem die Twitter-Führung seine Offerte nach anfänglichem Zögern akzeptiert habe. Falls Musk sein Angebot zurückzöge, würde die Twitter-Aktie wohl die Hälfte an Wert verlieren, so die Prognose der Experten. Am vergangenen Freitag hatte Twitter noch bei knapp 50 Dollar geschlossen. Behalten die Experten Recht, ergäbe sich ein Wert von rund 25 Dollar je Aktie. Zum Vergleich: Nach dem Übernahmeangebot von Musk sprang das durchschnittliche Kursziel von Analysten für die Twitter-Aktie auf gut 53 Dollar und damit auf das Niveau des von Musk unterbreiteten Kaufpreises.

Es sei abzusehen gewesen, dass die Übernahme von Twitter durch Musk eine "holprige Fahrt" werden würde, kommentierte Analystin Susannah Streeter von Hargreaves Landsdown. Die Zahl der tatsächlich aktiven Nutzer des Dienstes sei eine entscheidende Kennziffer zur Beurteilung der zukünftigen Erträge aus Werbung und bezahlten Abonnements. Auch dürfte die Frage gestellt werden, ob denn die Zahl der sogenannten Fake-Accounts, hinter denen keine echten Nutzer stehen, überhaupt der wahre Grund für Musks Zögern ist. Denn Musk habe mit Twitter eher die freie Meinungsäußerung fördern wollen als mit dem sozialen Netzwerk finanzielle Werte zu heben. Der Kaufpreis von 44 Milliarden US-Dollar sei hoch, und möglicherweise wolle das Unternehmen nun beim Preis zurückrudern./bek/ajx/he