Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--Die UBS ist derzeit wohl die stärkste Großbank Europas. Warum also sind die Anleger immer noch so misstrauisch? Das Schweizer Kreditinstitut vermeldete zuletzt robuste Zahlen fürs dritte Quartal, mit dem höchsten Quartalsgewinn und dem niedrigsten Aufwand-Ertrag-Verhältnis seit mehr als einem Jahrzehnt. Mit einer Eigenkapitalrendite von 17,2 Prozent und einer Kernkapitalquote von 14,9 Prozent übertraf sie ihre eigenen Ziele deutlich.

Die jüngsten Ergebnisse der UBS, die eine Universalbank in der Schweiz mit einem globalen Vermögensverwalter und einem begrenzteren Investmentbanking und Asset-Management kombiniert, überzeugten. Der Rubel bzw Franken rollt und Erträge sowie Gewinne klettern. Die digitale Technologie hat die Dienstleistungen verbessert, das Cross-Selling erhöht und die Kosten gedämpft. Im Gegensatz zum Konkurrenten Credit Suisse war das Unternehmen von den jüngsten Finanzskandalen nicht besonders betroffen.


   Rätselhafter Bewertungsabschlag zur US-Konkurrenz 

Trotz dieser konsistent starken Ergebnisse werden die UBS-Aktien aber nur geringfügig über dem materiellen Buchwert gehandelt und liegen damit sowohl unter ihrem historischen Durchschnitt als auch unter dem der US-Bankenriesen. Diese Lücke mutet etwas rätselhaft an. Ein Teil des Abschlags ließe sich auf die geringere Rentabilität im Vergleich zur ferneren Vergangenheit schieben.

Die Regulierung hat sich im Laufe der Jahre verschärft, die Kapitalanforderungen legten zu und das einst so sakrosankte Schweizer Bankgeheimnis ist in gewissem Masse durchlöchert worden. Immerhin sind die Schweizer Banken in der heutigen Welt der steigenden Steuern und Kontrollen aber immer noch ein relativ sicherer Hafen.

Der Abschlag zu den US-Rivalen ist viel größer und schwieriger zu erklären. Von 2010 bis 2016 war die UBS meist höher bewertet als Morgan Stanley und sogar JP Morgan. Seitdem ist sie jedoch hinter diesen beiden Unternehmen zurückgeblieben und hat sich seit dem Ausbruch von Corona nicht annähernd in gleichem Maße erholt.

Vor allem Morgan Stanley kann als gleichwertiger Rivale der UBS angesehen werden. Der Finanzkonzern bietet eine vergleichbare Palette von Dienstleistungen in großem Umfang an. Er weist zwar bei einer Reihe von Kennzahlen wie Kosteneffizienz und Eigenkapitalrendite eine leicht bessere Performanz auf, aber die marginalen operativen Unterschiede stehen im Widerspruch zu dem massiven Bewertungsgefälle.


   UBS für die Zukunft bestens gerüstet 

Ein Unterschied besteht darin, dass die UBS im Gegensatz zu den US-Banken in ihrem Heimatland mit Negativzinsen konfrontiert ist. Allerdings erhebt sie jetzt Gebühren für Einlagen über 250.000 Schweizer Franken und tätigt einen Großteil ihrer Geschäfte außerhalb Europas. Außerdem gibt es einen Rechtsfall in Frankreich, der die Bank 4,5 Milliarden Euro kosten könnte, aber sie verfügt über ausreichende Puffer. Und jede Bank hat einige Altlasten.

Die UBS scheint für die Zukunft bestens aufgestellt. Sie ist in den beiden wichtigsten Vermögensverwaltungs-Märkten in den USA und im schnell wachsenden Asien sehr ordentlich etabliert. Sie ist glaubwürdig beim aufkommenden Thema des nachhaltigen Investierens. Der neue UBS-Chef verspricht zugleich, die IT zu nutzen, um die Reichweite weiter zu erhöhen und die Effizienz zu steigern.

Irgendwann dürften sich dann die soliden Ergebnisse auch in einer höheren Bewertung niederschlagen.

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October 27, 2021 09:29 ET (13:29 GMT)