BERLIN (Dow Jones)--Nach Lesart der Deutschen Umwelthilfe (DUH) verstößt die vom Land Mecklenburg-Vorpommern geplante Klimastiftung gegen das US-Sanktionsgesetz. Die Stiftung werde sich wegen ihrer geschäftlichen Aktivitäten für die Gaspipeline Nord Stream 2 "in Reichweite der Sanktionen bringen", sagte DUH-Energieexperte Constantin Zerger anlässlich der Vorstellung eines eigenen Gutachtens. Es bestehe das Risiko, dass Unternehmen, die Produkte an diese Stiftung liefern, ebenfalls sanktioniert würden. "Da kommt es sehr darauf an, wie die amerikanische Seite den Gesetzestext auslegt."

Zwar heißt es im erweiterten Sanktionsgesetz PEESCA (Protecting Europe's Energy Security Act), dass gegen die EU, die an der Pipeline beteiligten Regierungen und deren Institutionen keine Sanktionen verhängt werden sollen. Die Ausnahme gilt aber nur, sofern die öffentlichen Einheiten nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ("business enterprise") operieren. Im Antrag der Landesregierung von Manuela Schwesig (SPD) ist der ausgegebene Geschäftszweck der Stiftung "Klima- und Umweltschutz MV" aber gerade "die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (...) mit dem Ziel, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu leisten".


   Gutachten sieht Verstoß gegen Stiftungs- und EU-Beihilferecht 

Das Land selbst gibt 200.000 Euro für die Gründung. Nord Stream 2, eine hundertprozentige Tochter des russischen Gazprom-Konzerns, hat bis zu 60 Millionen Euro zugesagt. Wegen der Verquickung des Naturschutzprojekts mit dem Gazprom-Konzern sieht ein eigens von der DUH beauftragtes Rechtsgutachten "erhebliche Anhaltspunkte" für einen Missbrauch des Stiftungsrechts sowie für einen Verstoß gegen das EU-Beihilferecht. Grund sei, dass sich die Landesregierung "schützend vor ein einzelnes privates Unternehmen" stelle, erklärte die Gutachterin und Rechtsanwältin Cornelia Ziehm. "Das aber sieht das Stiftungsrecht nicht vor."

Die Umwelthilfe wandte sich daher an Aufsichtsbehörden und kündigte weitere rechtliche Schritte an. Das für die Stiftungsaufsicht zuständige Justizministerium in Mecklenburg-Vorpommern wurde aufgefordert, die Anerkennung der geplanten Stiftung abzulehnen. In einem Brief an Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, in den Dow Jones Newswires Einblick hatte, spricht die Umwelthilfe von "ernsthaften Sorgen, dass die geplante Stiftung einzig dafür aufgesetzt wurde, eine Marktverzerrung zugunsten der Nord Stream 2 AG zu schaffen". Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner selbst nannte die Klima-Stiftung eine "Tarnorganisation" und "Greenwashing der schlimmsten Art und Weise".


   Schärfere Sanktionen betreffen auch Zertifizierer oder Dienstleister 

Seit Ende 2019 standen die Arbeiten an dem Leitungsstrang still, nachdem sich die Schweizer Schiffsverlegefirma Allseas wegen der US-Sanktionen zurückgezogen hatte. Die danach angedrohten schärferen Sanktionen betreffen aber auch weitere an dem Projekt beteiligte Unternehmen wie Zertifizierer oder Dienstleister. Die USA, die Ukraine und andere osteuropäische Länder kritisieren das Projekt, weil es die Energieabhängigkeit Europas von Russland erhöhe. Die Unterstützer argumentieren, die USA wolle lediglich eigenes Fracking-Gas exportieren.

Nach Angaben des im Schweizerischen Zug ansässigen Nord-Stream-2-Konsortium hat das russische Verlegeschiff Fortuna kurz vor Weihnachten 2020 dennoch rund 2,6 Kilometer weitere Rohren verlegt. Der russische Gazprom-Konzern bringt rund die Hälfte der Finanzierung des 9,5 Milliarden Euro teuren Projekts auf. Zu den deutschen Finanzbeteiligten gehören Wintershall und der Energieversorger Uniper.

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January 12, 2021 06:21 ET (11:21 GMT)