DÜSSELDORF (awp international) - Der strauchelnde Energiekonzern Uniper braucht eine weitere Kapitalspritze vom Bund. Die bislang geplante Barkapitalerhöhung von acht Milliarden Euro allein werde nicht ausreichen, um Uniper zu stabilisieren, teilte der Konzern am Mittwoch in Düsseldorf mit. Deshalb soll weiteres genehmigtes Kapital in Höhe von bis zu 25 Milliarden Euro durch Ausgabe neuer Aktien geschaffen werden. Der Ende September getroffenen Einigung mit der Bundesregierung auf ein Stabilisierungspaket sollen die Aktionäre auf einer ausserordentlichen Hauptversammlung kurz vor Weihnachten zustimmen.

Für die verbliebenen Aktionäre bedeutet das eine weitere Verwässerung ihrer Anteile. Letztendlich könnten die Minderheitsaktionäre auf dem Rechtsweg eine materielle Entschädigung erhalten, schrieb Analyst Vincent Ayral von der US-Bank JPMorgan. Die im SDax -notierte Aktie fiel zwischenzeitlich an die zehn Prozent. Zuletzt stand sie als Index-Schlusslicht gut sechs Prozent im Minus bei 6,40 Euro. Damit wird zwar ein Teil der Kursgewinne der vergangenen Tage wieder pulverisiert, das Papier notiert aber immer noch auf dem höchsten Niveau seit drei Monaten.

"Die mit der Bundesregierung vereinbarten Kapitalmassnahmen beenden die monatelange Unsicherheit für unser Unternehmen und unsere Kunden", sagte Konzernchef Klaus-Dieter Maubach laut Mitteilung. Jetzt sei klar, wie die enormen Kosten getragen werden können. Die beschlossene Kapitalerhöhung ist laut Uniper der Ersatz dessen, was der Konzern eigentlich über die ursprünglich von der Bundesregierung geplanten Gasumlage erhalten hätte. Dabei hätte der Uniper einen Grossteil der Kosten an seine Kunden weitergeben können.

Der Düsseldorfer Konzern ist wegen des russischen Gas-Lieferstopps in Schieflage geraten, da sich die Gaspreise vervielfacht haben. Das aus Russland fehlende Gas muss das Unternehmen teuer auf dem Gasmarkt kaufen, um eigene Lieferverträge zu noch günstigeren Konditionen zu erfüllen, was zu Liquiditätsproblemen führt. Der Gas-Grosshändler mit einer starken Abhängigkeit von Russland ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und grosse Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die Erdgasversorgung von Deutschland. Bei einer Insolvenz von Uniper wird ein Dominoeffekt befürchtet, der zahlreiche Uniper-Kunden ebenfalls in grosse Schwierigkeiten bringen würde.

Wegen der Liquiditätsprobleme hatten sich der Konzern, die deutsche Regierung, und Unipers bisheriger Mehrheitsaktionär Fortum aus Finnland vor zwei Monaten auf eine Verstaatlichung von Uniper verständigt. Dabei war unter anderem die Kapitalerhöhung über acht Milliarden Euro sowie der Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum vorgesehen. Der deutsche Staat soll dafür jeweils einen Stückpreis von 1,70 Euro bezahlen. Anschliessend soll der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Bis Ende September belief sich Unipers ausgewiesener Nettoverlust auf 40,3 Milliarden Euro. Zehn Milliarden Euro Verlust waren zum Ende des dritten Quartals bereits realisiert. Die Kosten für die Ersatzbeschaffung am Gasmarkt schätzt Uniper auf 19 Milliarden Euro. Hinzu kommen zu erwartende Bewertungseffekte bei Derivaten sowie Wertminderungen beispielsweise für die Beteiligung an der Gaspipeline Nord Stream 2.

Zur Zeichnung der nun beschlossenen weiteren Kapitalerhöhung ist ausschliesslich der Bund berechtigt, das gesetzliche Bezugsrecht der anderen Aktionäre wird ausgeschlossen. Das genehmigte Kapital soll in Tranchen genutzt werden, wobei der erste Teil noch vor Jahresende 2022 für die geplante Barkapitalerhöhung benötigt wird. Die neuen Aktien sollen ebenfalls zu je 1,70 Euro an den Bund ausgegeben werden. Als Überbrückung wird die staatliche KfW-Bank eine Zwischenfinanzierung bereitstellen.

"Die Unterstützung der Bundesregierung ist für uns unverzichtbar, und wir zählen auch auf die Unterstützung der EU-Kommission", sagte Konzernchef Maubach. Nur so könne der Fortbestand von Uniper für die Zukunft gesichert werden. "Die Zustimmung unserer Aktionäre auf der nun anstehenden ausserordentlichen Hauptversammlung zu den vorgeschlagenen Kapitalmassnahmen ist dafür unerlässlich." Das beschlossene Stabilisierungspaket steht allerdings weiterhin unter dem Vorbehalt der erforderlichen behördlichen Einwilligung.

Uniper erwartet zwar, dass die erforderlichen Genehmigungen bis zur geplanten Zusammenkunft der Aktionäre im Dezember erteilt werden. Aber bislang ist die Konsultation mit der Europäischen Kommission noch nicht abgeschlossen. Deshalb wächst nun die Sorge, dass Brüssel das Stabilisierungspaket nur mit entsprechenden Auflagen genehmigt - oder gar eine Zerschlagung des Konzerns fordert.

"Uniper muss im Sinne seiner Beschäftigten, der Gesellschaft und nicht zuletzt für den deutschen Steuerzahler überlebensfähig bleiben und Zukunftschancen haben", sagte der Vorsitzende des Uniper-Konzernbetriebsrats, Harald Seegatz, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Deshalb müsse Uniper als gesamter Konzern erhalten bleiben. "Nun setze ich darauf, dass auch die EU schnell das Genehmigungsverfahren vollzieht und dabei keine ungerechtfertigten Auflagen macht."

Abschliessend müssen dann noch Unipers Aktionäre zustimmen. Sie sollen am 19. Dezember zusammenkommen. Das Datum war insofern bereits bekannt, als dass der Konzern Ende Oktober mitteilen musste, über die Hälfte seines Grundkapitals aufgezehrt zu haben. Dies zieht aktienrechtlich die Einberufung einer Hauptversammlung nach sich, um über die Lage des Unternehmens zu informieren. Die dafür einberufene Hauptversammlung wird aufgehoben und durch die neue Veranstaltung ersetzt./lew/tob/ksc/nas