REGENSBURG (dpa-AFX) - Der Autozulieferer Vitesco bleibt trotz eines absehbar schwierigen zweiten Quartals optimistisch. Für gute Laune beim Management um Vorstandschef Andreas Wolf sorgt vor allem die Auftragslage. "Es läuft wie geschmiert, das kann ich nicht anders sagen", sagte Wolf am Freitag in einer Videokonferenz über den Rekord-Auftragseingang. Vor allem die Bestellungen rund um Elektroantriebe trösten den Manager darüber hinweg, dass es aktuell im Tagesgeschäft an einigem hapert. Im zweiten Quartal dürfte sich das Geschäft nämlich noch einmal deutlich eintrüben.

Die im SDax notierte Aktie der Regensburger legte am Freitag um 3,5 Prozent auf 40,98 Euro zu. Damit setzt sich die Erholung vom Absturz nach Ausbruch des russischen Kriegs in der Ukraine fort. In diesem Jahr steht bei den Anlegern der ehemaligen Conti-Sparte nun noch ein Minus von rund 5 Prozent zu Buche. Im September war der Antriebsspezialist von dem Hannoveraner Dax-Konzern abgespalten worden, den höchsten Kurs erreichte die Aktie wenige Tage nach der Börsennotierung bei 66 Euro.

Beim Einsammeln von Aufträgen für das zum zukünftigen Hauptstandbein erklärte Elektrogeschäft kommt Vitesco gut voran. Im ersten Quartal machten die Bestellungen für Elektrokomponenten mit knapp 3,7 Milliarden Euro den Löwenanteil der eingegangenen Order in Höhe von 4,5 Milliarden Euro aus. Aufträge von 3,5 Milliarden Euro gingen konkret in der Sparte für Elektrifizierungstechnik ein.

Im Mai kam noch ein Auftrag für ein Batteriemanagementsystem über 1,7 Milliarden Euro hinzu. Die 2 Milliarden Euro Umsatz, die Vitesco 2025 in der Elektrosparte machen will, seien schon jetzt zu hundert Prozent durch Aufträge im Kasten, sagte Wolf.

Im wettbewerbsintensiven Markt rund um Elektroantriebe erweise sich Vitesco beim Auftragseingang als führender Player in der Branche, schrieb Analyst Philipp Konig von Goldman Sachs. Angesichts einer möglichen Branchenkonsolidierung in den kommenden Jahren verleihe das dem Unternehmen einen sicheren Stand.

Die Sparte für E-Antriebe macht bei Vitesco noch relativ geringe Umsätze und schreibt weiter rote Zahlen, soll aber gegen Ende des Jahrzehnts laut Wolf für rund 70 Prozent des Geschäfts von Vitesco stehen.

Vitesco geht für das laufende zweite Quartal insgesamt von einem noch schwierigeren Umfeld aus als zu Jahresbeginn, als der Konzernumsatz wie bereits bekannt um 1,9 Prozent auf 2,26 Milliarden Euro schrumpfte. Ohne Wechselkurseinflüsse und Zu- wie Verkäufe von Unternehmensteilen wäre es sogar ein Rückgang von 5,6 Prozent gewesen. Vor allem das schwache Geschäft in Europa und Deutschland lastete auf den Erlösen.

Anhaltende Lieferengpässe und damit verbundene höhere Kosten, Produktionsausfälle durch Lockdowns in China und auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine belasten die Branche. Zusammengenommen würden die Effekte dafür sorgen, dass das weltweite Produktionsvolumen von Autos im zweiten Quartal, wenn überhaupt, dann nur leicht über dem Vorjahresniveau liegen dürfte, hieß es von Vitesco.

Finanzchef Werner Volz sprach von dem wohl schwierigsten Quartal in diesem Jahr, vor allem dürfte die Situation in China "sehr heftig" ins Gewicht fallen. In den Monaten Januar bis März fielen bereits Mehrkosten für Material, Frachten und Energie von rund 90 Millionen Euro an. In der laufenden Periode dürfte es seiner Ansicht nach noch etwas mehr sein.

Wo es geht, will das Management die Kunden an den Mehrkosten beteiligen. Die Autohersteller fahren wegen der hohen Verkaufs- und Gebrauchtwagenpreise am Markt prozentual zweistellige Gewinnmargen im operativen Geschäft ein, während die Zulieferer kaum auf einen grünen Zweig kommen. Vitesco sei in intensiven Diskussionen mit den Kunden und habe im ersten Quartal einen gewissen Anteil der Mehrbelastungen an diese weiterverrechnen können, hieß es vom Management.

Firmenchef Wolf sieht Vitesco durchaus in einer guten Verhandlungsposition. Wenn Kunden sich dagegen entscheiden sollten, Mehrkosten mitzutragen, dann müsse man am Ende eben diejenigen zuerst beliefern, die sich an den Kosten beteiligten. Er sei zuversichtlich, weitere Entlastungen zu bekommen. Ohnehin ist der Zulieferer fast ausgebucht. "Wir werden schon irgendwann sagen müssen, dass wir Aufträge ablehnen", führte er angesichts der Bestellflut weiter aus.

Vitesco hatte im ersten Quartal im operativen Geschäft etwas besser abgeschnitten als allgemein befürchtet. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern verdreifachte sich nahezu von 17 Millionen Euro vor einem Jahr auf 45 Millionen, wie der Konzern schon mit den Eckdaten verraten hatte. Unter dem Strich reduzierte Vitesco den anfallenden Verlust von 31,7 Millionen Euro auf nun 11,3 Millionen. Die Jahresziele bestätigte das Management./men/tav/jha/