Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Die langjährige Geschichte des französischen Buchverlags Lagardere könnte sich bald ihrem Ende nähern. Eine Übernahme durch den Medienriesen Vivendi wäre ein gutes Ende für die Aktionäre des angeschlagenen Unternehmens und der Beginn eines neuen Kapitels für seinen Käufer. Die Vivendi SE, die von dem französischen Milliardär Vincent Bollore kontrolliert wird, teilte in der Vorwoche mit, dass sie den 18-prozentigen Anteil an Lagardere kaufen will, den der aktivistische Investor Amber Capital aufgebaut hat. Sofern die Kartellbehörden dem Geschäft zustimmen, dürfte Vivendi auch ein Übernahmeangebot für den Rest des Unternehmens unterbreiten. Die in Paris notierte Lagardère-Aktie schnellte als Reaktion um 19 Prozent empor.

Amber kaufte 2016 erstmals Aktien von Lagardère und kämpfte hart darum, die "societe en commandite"-Struktur des Unternehmens loszuwerden, eine speziell französische Unternehmensstruktur, die es CEO Arnaud Lagardère ermöglichte, das Unternehmen mit einem winzigen wirtschaftlichen Anteil zu kontrollieren. Das Unternehmen war bei ihm aber nicht in guten Händen. Seit er 2003 das Unternehmen seines Vaters übernommen hat, erzielte Lagardère eine jährliche Aktionärsrendite von 4 Prozent und damit nur die Hälfte dessen, was der französische CAC 40-Index in diesem Zeitraum aufwies.


   Lagardère-Familienspross kämpfte vergeblich um Eigenständigkeit 

Die Versuche des Familiensprosses, sich vor Ambers Angriff zu schützen, waren dramatisch. Ursprünglich brachte er Bollore als weißen Ritter ins Spiel. So kaufte Vivendi im vergangenen Frühjahr eine Beteiligung an Lagardère und half dabei, den Vorstoß des Hedgefonds für eine Neu-Aufstellung des Vorstands auf der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr abzuwehren. Da Arnaud Lagardère seinem Verbündeten, der ein Auge auf die Medien von Lagardère geworfen hatte, nicht ganz traute, bat er einen anderen Milliardär um Schützenhilfe. Dabei drehte es sich um Bernard Arnault, den Gründer des Luxusgüterriesen LVMH und alten Tennispartner seines Vaters. Dies schützte Lagardère zunächst vor einer Übernahme durch Bollore, trieb ihn aber auch in die Arme von Amber. Ihre unwahrscheinliche Allianz führte schließlich zu der Unternehmensumstrukturierung, die der CEO zu vermeiden versucht hatte.

Der Anteilsverkauf bietet dem aktivistischen Investor einen lukrativen Ausstieg nach einer fünfjährigen Kampagne. Amber erhält 24,10 Euro pro Aktie, hat beim Aufbau seines Anteils aber nur einen Durchschnittspreis von 15 Euro je Aktie gezahlt, wie mit der Situation vertraute Personen berichten. Und wenn der Kauf reibungslos über die Bühne geht, können die Lagardère-Aktionäre damit rechnen, von Vivendi aufgekauft zu werden. Das Ergebnis ist weniger erfolgreich für Arnault, dessen Manöver, Lagardère vor einer Übernahme durch einen rivalisierenden Tycoon zu schützen, nicht geklappt hat.


   Vergleich von Erfolg Vivendis mit Universal Music ist voreilig 

Vivendis eigene Investoren erhalten zudem ein klareres Bild davon, wie das Unternehmen nach der Abspaltung seines wichtigsten Vermögenswertes, der Universal Music Group, künftig aussehen könnte. Das französische Unternehmen will die ungeliebten Verlagsaktivitäten auf die gleiche Weise wie den in Los Angeles ansässigen Tonträgerriesen umgestalten. Vivendi bringt ihn nach mehreren Jahren starken Wachstums zu einer Bewertung von 33 Milliarden Euro an die Börse.

Jegliche Parallelen zwischen Universal Music und Lagardère, zu dem der Buchverlag Hachette und mehrere Zeitschriftenmarken gehören, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Die Wiederbelebung des Musikunternehmens ist ebenso sehr Spotify und der Streaming-Technologie zu verdanken wie dem Management von Vivendi. Ergebnisse der Sanierungsbemühungen bei anderen Vivendi-Geschäftsbereichen, wie dem Pay-TV-Anbieter Canal Plus, waren eher gemischt. Dennoch könnte das Unternehmen in der Lage sein, neue Investoren anzuziehen, wenn es sie davon überzeugt, dass es die billigen Vermögenswerte von Lagardère auf Vordermann bringen wird. Wie diese scheinbar letzte Wendung im Lagardère-Drama erneut gezeigt hat, lohnt es sich oft nicht, gegen Bollore zu wetten.

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September 20, 2021 04:30 ET (08:30 GMT)