Von William Boston

BERLIN (Dow Jones)--Volkswagen bleibt Volkswagen. Die US-Tochter von Volkswagen wollte sich nach eigenen Angaben in Voltswagen of America umbenennen, um seine Elektroauto-Strategie zu fördern. Aber ein Sprecher der Muttergesellschaft in Deutschland machte später deutlich, der Schritt sei ein Scherz.

Die Namensänderung, die sofort die sozialen Medien und Online-Nachrichtenseiten elektrisierte, war ursprünglich als ein früher Aprilscherz gedacht, um die Leute dazu zu bringen, über die ehrgeizige Elektroauto-Strategie von VW zu sprechen. Er sollte Aufmerksamkeit auf die Markteinführung des ersten vollelektrischen SUV, den ID.4, bei US-Händlern lenken, so der Sprecher.


   VW geriet mit Scherz in die Defensive 

Das Problem für VW ist, dass jeder es ernst genommen hat, was zu Verwirrung über die Absichten des Unternehmens führte. Die Aktien gerieten in Bewegung und das Kommunikationsteam von VW in die Defensive. "Wir wollten niemanden in die Irre führen", verteidigte sich ein Volkswagen-Sprecher in Wolfsburg gegenüber dem Wall Street Journal (WSJ). "Das Ganze ist nur eine Marketingaktion, um die Leute auf den ID.4 aufmerksam zu machen."

Die Täuschung begann zu Wochenauftakt, als die VW-Kommunikation in den USA den Entwurf der Pressemitteilung auf der dortigen Homepage veröffentlichte und ihn dann schnell wieder herunternahm, so die VW-Verantwortlichen in Deutschland. Sie ließen das Dokument aber lange genug online, um die Aufmerksamkeit von Journalisten und VW-Fans zu erregen, was eine Flut von Online-Nachrichten und Tweets auslöste. Die Kommunikationsabteilung von VW in den USA lehnte eine Stellungnahme ab.


   Wolfsburg zog Reißleine 

Die US-Einheit von VW veröffentlichte die Mitteilung am Dienstag wieder vollständig auf der US-Homepage, ein Schritt, der darauf hindeutet, dass die Namensänderung tatsächlich real war und wie in der Mitteilung angekündigt im Mai in Kraft treten sollte. Derweil zitierte die Pressemitteilung Scott Keogh als Präsident und CEO von Voltswagen of America mit den Worten: "Wir tauschen vielleicht unser K gegen ein T aus, aber was wir nicht ändern, ist das Engagement dieser Marke, klassenbeste Fahrzeuge für Fahrer und Menschen überall zu bauen."

Zurück in Deutschland, sagte ein VW-Offizieller dem WSJ, dass die Namensänderung nicht ernst genommen werden sollte. Aber nachdem klar wurde, dass die Adressaten des Scherzes genau das taten, drängten Firmenvertreter in Deutschland ihre Kollegen im US-Hauptquartier von VW in Herndon, Virginia, die Kampagne zu stoppen, so Offizielle in Wolfsburg.


   Aktie schlug Kurskapriolen 

Die Top-Führungskräfte von Volkswagen sind in letzter Zeit in den sozialen Medien aktiver geworden. Der Vorstandsvorsitzende Herbert Diess schreibt häufig auf seiner Linkedin-Seite und hat kürzlich einen Twitter-Feed eröffnet. Aber bis jetzt hat das Unternehmen von PR-Stunts oder ungewöhnlichen Aussagen abgesehen, die eher typisch für Tesla-Chef Elon Musk sind.

Investoren haben sich zuletzt auf Aktien von Unternehmen gestürzt, die sich mit Elektrofahrzeugen (EV) beschäftigen, und haben Geld in Titel etablierter Autohersteller mit soliden EV-Plänen gesteckt.

Die zweite Veröffentlichung der Pressemitteilung trug dazu bei, dass die VW-Aktie an der Frankfurter Börse um 4,7 Prozent zulegte und sich damit deutlich besser entwickelte als der breite DAX-Index der deutschen Standardwerte. In den USA schnellten die Amerikanischen Hinterlegungsscheine (ADR) des Unternehmens zunächst um bis zu 12 Prozent hoch, bevor sie kurz vor Börsenschluss um 9 Prozent nachgaben, als das Unternehmen bestätigte, dass die Namensänderung ein Scherz war.


   VW droht Ärger mit der Börsenaufsicht 

Wertpapiergesetze verlangen von börsennotierten Unternehmen, dass sie wahrheitsgemäß mit dem Markt kommunizieren. Wenn ein Konzern eine Aussage macht, die irreführend ist, kann er sich dem Vorwurf der Marktmanipulation aussetzen oder Investoren schaden, die sich bei ihren Geschäften auf die falsche Aussage verlassen haben.

Es gebe zwar eine Tradition, dass Unternehmen Ankündigungen zum Aprilscherz machen, aber normalerweise sind sie so trivial oder offensichtlich scherzhaft, dass sie die Aktien nicht bewegen, wie Kyle DeYoung erläutert. Er war ein Beamter der US-Börsenaufsicht SEC und ist jetzt Partner bei der Anwaltskanzlei Cadwalader, Wickersham & Taft LLP.

"Ich denke, dies ist eine etwas ungewöhnliche Situation", meint DeYoung. "Ich wäre nicht überrascht, wenn die SEC einige Fragen dazu hätte, was hier vor sich geht und was Volkswagen sich dabei gedacht hat." Die SEC lehnte es ab, sich zu den Aktionen von Volkswagen zu äußern.


   Einst wurde aus Wolfsburg "Golfsburg" 

Im Jahr 2003 ersetzten VW-Vertreter Dutzende von Straßenschildern am Konzernsitz Wolfsburg durch Schilder mit der Aufschrift "Golfsburg", um die Einführung der neuesten Reihe seines meistverkauften Modells zu feiern. Die Aktion erregte weltweit Aufmerksamkeit und brachte eine Sammlung von Golfsburg-Souvenirs hervor.

Unter den Autoherstellern der alten Schule ist VW führend in der Entwicklung und Markteinführung neuer Elektrofahrzeuge, mit dem Ziel, innerhalb des nächsten Jahrzehnts auf eine weitgehend elektrische Flotte umzustellen. Doch die Presse war nicht immer begeistert, und die Führungskräfte des Unternehmens beschweren sich oft, dass sie nicht genug Anerkennung für die Transformation des Unternehmens bekommen.


   Weg zum E-Autohersteller verläuft dornig 

Der Weg zum Elektroauto war von Rückschlägen geprägt. Die neuen Fahrzeuge - VWs ID.3 und ID.4, der e-tron des Luxusautoherstellers Audi und der Taycan der Sportwagenmarke Porsche - hatten Hindernisse zu überwinden und stießen auf gemischte Kritiken. Der ID.3, der in den USA nicht auf den Markt kam, kämpfte anfangs mit Softwareproblemen.

Die Scherz-Namensänderung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen darauf aus ist, US-Kunden für den ID.4 zu begeistern, der seit diesem Monat in den US-Showrooms verkauft wird. Das Fahrzeug ist ein Konkurrent zum Model Y von Tesla und wurde größtenteils als sehr gut, aber immer noch nicht ebenbürtig zu Teslas Angebot gelobt.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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March 31, 2021 04:12 ET (08:12 GMT)