POTSDAM (dpa-AFX) - Die Grünen halten in der von Juso-Chef Kevin Kühnert losgetretenen Debatte über Sozialismus eine Enteignung von Autokonzernen für den falschen Weg. Sie wollen stattdessen die Marktwirtschaft schnell ökologischer machen. Volkswagen sei teilweise in staatlichem Besitz, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter am Donnerstag in Potsdam zum Auftakt einer zweitägigen Klausur der Bundestagsfraktion. "Die Teilstaatlichkeit oder auch Staatlichkeit ist hier nicht die Antwort." Es brauche klare Vorgaben und Gesetze.

Europa-Spitzenkandidat Sven Giegold sagte: "Derzeit geht es darum, ob wir in Zukunft unseren Kindern die Möglichkeit geben, überhaupt noch über eine Zukunft verschiedenen Wirtschaftssysteme auf diesem Planeten reden zu können." Entscheidend sei deswegen, darüber zu reden, "wie wir diese Marktwirtschaft sozial-ökologisch bekommen".

Kühnert hatte in einem Interview der "Zeit" über Sozialismus unter anderem gesagt, dass er für eine Kollektivierung großer Unternehmen "auf demokratischem Wege" eintrete. Auch Grünen-Chef Robert Habeck hatte kürzlich Schlagzeilen gemacht, weil er Enteignungen von Wohnungsunternehmen für denkbar hält im Kampf gegen zu hohe Mieten und Wohnungsnot.

In einem Beschlussentwurf der Fraktion in Potsdam heißt es: "Wird trotz Wohnungsnot und nach Aussprache von Baugeboten nicht gebaut, kann wie im Baurecht vorgesehen in letzter Konsequenz eine Enteignung gegen Entschädigung entstehen." Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte am Donnerstag: "Die Erfahrung und auch die Geschichte lehrt uns ja, dass die Frage der Eigentumsform nicht wirklich hilft." Was helfe, seien klare und eindeutige Rahmenbedingungen. Das gelte auch in der Wohnungspolitik. Laut Entwurf will die Fraktion sich für regionale Mietobergrenzen aussprechen.

Weitere Themen in Potsdam sind der Kampf gegen den Klimawandel und gegen das Artensterben. Das seien die "großen ökologischen Krisen", sagte Hofreiter. "Beide diese Krisen haben das Potenzial, unsere Lebensgrundlagen ganz massiv zu beschädigen." Wenn nicht schnell gehandelt werde, könne "die Zivilisation als solche in Schwierigkeiten" geraten.

Unter anderem müsse schnell ein "vernünftiger CO2-Preis" kommen, sagte Hofreiter. Die Grünen wollten die Einnahmen, die der Staat durch eine Steuer oder Abgabe auf den Ausstoß von Kohlendioxid einnehmen würde, als "Energiegeld" den Bürgern zurückgeben. Weil Menschen mit geringerem Einkommen deutlich weniger CO2 produzierten, werde damit für eine gerechte Verteilung gesorgt, sagte Hofreiter./ted/DP/he