Könnte es eine schlechtere Kombination von Merkmalen für ein börsennotiertes Unternehmen geben? Wohl kaum! Gestern machte zudem die schockierende Ankündigung von Volkswagen Schlagzeilen, als das Unternehmen drohte, Werke in Deutschland zu schließen – das Land, in dem der Konzern 300.000 Menschen beschäftigt.
Diese Absichten sind nicht neu, stießen jedoch bisher auf den vehementen Widerstand der Gewerkschaften – unterstützt durch das Land Niedersachsen, das ein Fünftel des Kapitals des Herstellers hält. Außerhalb Deutschlands hat der Rückzug bereits begonnen. So gab Volkswagen früher in diesem Sommer bekannt, die Schließung seines Audi-Werks in Brüssel zu prüfen.
Steht der europäische Automobilsektor am Rande des Abgrunds? Ein Viertel des Absatzvolumens entfällt auf Elektro- oder Hybridfahrzeuge, ein Bereich, in dem Volkswagen deutlich hinterherhinkt. Noch besorgniserregender ist, dass in drei Jahren chinesische Konkurrenten diese Kategorie mit Marktanteilen dominieren könnten, die drei Viertel überschreiten.
Trotz des Widerstands deutscher Hersteller, die ihren Hauptabsatzmarkt nicht gefährden wollten, hat die Europäische Union im Juli Sanktionen gegen chinesische Hersteller verhängt. Diese Maßnahmen, die schwer umzusetzen sind, dürften in Wirklichkeit nur Zeit gewinnen, da die betroffenen Unternehmen bereits ihre Absicht bekundet haben, ihre Produktionskapazitäten auf dem alten Kontinent auszubauen, um die Sanktionen zu umgehen. In der Zwischenzeit bleiben Volkswagen, BMW und Daimler einer möglichen Vergeltung ausgesetzt.
Oliver Blume, der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, dessen konsensorientierte Methode sich deutlich vom feudalen Stil seiner Vorgänger abhebt, macht keinen Hehl aus der kritischen Situation, in der sich der Konzern befindet. Er hat auch persönlich die strategische Partnerschaft des deutschen Herstellers mit Rivian geleitet, die auf beiden Seiten des Atlantiks gelobt wurde.
Mit 53% des Kapitals, das von der Familie Piëch kontrolliert wird – vor Katar und dem Land Niedersachsen –, weist Volkswagen seit Jahren eine Börsenkapitalisierung auf, die deutlich unter dem tatsächlichen Wert seiner verschiedenen Tochtergesellschaften liegt. Es ist nicht schwer zu argumentieren, dass die Beteiligungen an Porsche, Traton und Lamborghini allein weit mehr als die Bewertung des gesamten Konzerns abdecken.
In diesem Szenario wird den Automobil- und Zweiradtochtergesellschaften – die unter einem Dach die Marke Volkswagen selbst, sowie Audi, Skoda, Ducati und andere umfassen – sowie der Finanzierungssparte, deren Rentabilität zwar bescheiden, deren Wachstums- und Profitabilitätsgeschichte über zwanzig Jahre jedoch tadellos ist, ein Null- oder Negativwert zugewiesen.
Der Großteil der konsolidierten Schulden ist zudem mit den Aktivitäten der Finanzierungssparte verbunden. Die Liquidität der Automobilsparte wiederum befindet sich nahe ihrem historischen Höchststand, was dem Hersteller ein vergleichsweise mildes Kreditrating einbringt.
Die Analysten von MarketScreener weisen darauf hin, dass diese „Sum-of-the-Parts“-Berechnungen, obwohl elegant und oft überzeugend, weder neu noch in der Regel sehr relevant sind. Bei europäischen Herstellern sind diese Abschläge seit so langer Zeit üblich, dass sie mittlerweile fast strukturell geworden sind. Damals hatten wir uns selbst mit dem Fall BMW an dieser Übung versucht.
Das Jahr 2024 wird für Volkswagen in jedem Fall schwierig. Die Prognosen des Managements deuten bereits darauf hin, dass der freie Cashflow im Vergleich zum Vorjahr halbiert werden könnte. Basierend auf den traditionellen Gewinnmultiplikatoren macht dies den Hersteller zum am stärksten abgewerteten unter seinen europäischen Kollegen.
Bei all diesen Überlegungen erscheint es aktuell naheliegend, Stellantis vorzuziehen, das zum gleichen Multiplikator bewertet wird, aber besser kapitalisiert ist – sich auf Nordamerika statt auf China konzentriert und sicherlich weniger Beschränkungen in seiner Unternehmensführung und seinen großen strategischen Entscheidungen unterliegt.
Siehe auch:
Porsche AG: Ein hinkender Vergleich,
Rivian Automotive, Inc.: Ein Hoffnungsschimmer und
Stellantis N.V.: In der Zwickmühle.