Im Volkswagen-Dieselskandal muss sich der frühere Konzernchef Martin Winterkorn vor Gericht verantworten.

Fünf Jahre nach dem Auffliegen der millionenfachen Manipulation von Abgaswerten ließ das Landgericht Braunschweig die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachts in wichtigen Teilen zu. Wann der Prozess gegen Winterkorn und vier weitere Verantwortliche des Autobauers beginnt, steht allerdings noch nicht fest, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Als erster großer Strafprozess im Volkswagen-Dieselskandal in Deutschland beginnt Ende September in München das Gerichtsverfahren gegen den früheren Audi-Chef Rupert Stadler.

Bei der Zulassung der Anklage verschärfte die Strafkammer die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft teilweise: Statt des von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurfs des schweren Betrugs hegen die Richter sogar einen hinreichenden Tatverdacht, dass Winterkorn und weitere Manager dafür gewerbsmäßig zu einer Bande zusammengeschlossen haben. Im äußersten Fall drohen den Angeklagten Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren. Bei dem von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf der Kfz-Steuerhinterziehung vermuten die Richter einen besonders schweren Fall, weil der Schaden sich auf bis zu 820.000 Euro belaufen könne.

Als von vornherein unbegründet verwarf das Gericht hingegen die Annahme der Staatsanwaltschaft, die Angeklagten hätten sich der Untreue gegenüber dem Volkswagen-Konzern schuldig gemacht. Auch für den Tatverdacht der mittelbaren Falschbeurkundung bestehe kein Anlass, weil die Manipulation der Zulassungsbescheinigungen nicht von diesem Gesetzesparagraphen erfasst sei. Winterkorns Verteidiger begrüßte die "Verschlankung der Vorwürfe" gegen Winterkorn und wies die übrigen Anschuldigungen erneut zurück. Ob den Angeklagten die mutmaßlichen Straftaten nachgewiesen werden können, muss nun in einer voraussichtlich jahrelangen Gerichtsverhandlung geklärt werden. Über mögliche Termine spricht das Gericht nach eigenen Angaben noch mit den Verfahrensbeteiligten.

Volkswagen hatte im September 2015 auf Druck der US-Umweltbehörde EPA zugegeben, millionenfach Diesel-Abgaswerte durch eine Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Diese sorgt dafür, dass Diesel-Autos die Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand einhalten, während sie auf der Straße ein Vielfaches dieser giftigen Abgase ausstoßen.

Die Wiedergutmachung des Skandals kostete Volkswagen bislang rund 30 Milliarden Euro, vor allem Strafen und Schadenersatzzahlungen in den USA. Noch ist ein Ende der zahlreichen Prozesse von Kunden und Anlegern weltweit nicht absehbar. Neben der Konzernzentrale in Wolfsburg spielte auch die Tochter Audi in Ingolstadt eine wichtige Rolle. Winterkorn, Stadler und zahlreiche weitere Manager und Ingenieure mussten gehen.

Ein Volkswagen-Sprecher betonte, das Unternehmen habe ein ureigenes Interesse an der juristischen Aufarbeitung der Sache, sei an diesem Prozess aber nicht beteiligt.