Von Charley Grant

NEW YORK (Dow Jones)--Walgreens ist an der Wall Street ganz klar in Ungnade gefallen. Aber die starken Ergebnisse des dritten Quartals deuten darauf hin, dass sich diese Haltung in den kommenden Monaten abschwächen dürfte. Der Apothekenriese meldete einen Umsatz von knapp über 34 Milliarden US-Dollar und einen bereinigten Gewinn von 1,38 Dollar pro Aktie in dem im Mai abgelaufenen Quartal. Beide Zahlen übertrafen die Schätzungen der Analysten. Walgreens hob auch seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr auf ein Wachstum von etwa 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Seit die Chefin Rosalind Brewer im März ihren Posten antrat, ist dies ist das zweite Quartal in Folge, in dem Walgreens seinen Ausblick angehoben hat.

Offenbar hatten die Aktionäre selbst mehr erwartet als die Analysten. Die Aktie fiel als Reaktion um 6 Prozent. Seit September vergangenen Jahres, als die Aktie ein Mehrjahrestief erreichte, hat sie sich aber nunmehr um rund 50 Prozent erholt. Ein stärkeres Verschreibungswachstum war der Schlüssel zu den Ergebnissen. Vergleichbare Verschreibungen wuchsen in den USA um fast 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dieses Wachstum kam vor allem durch die vom Unternehmen verabreichten Covid-19-Impfungen.


   Patienten holen aufgeschobene Behandlungen nach 

Aber die höhere Impfrate bedeutet auch, dass mehr Patienten in die Arztpraxen zurückkehren. Während der Pandemie waren die Neuverschreibungen besonders schwach, da die Patienten die Behandlung von nicht dringenden Fällen zurückstellten. Diese Verschiebungen beeinträchtigten die Ergebnisse aller Arten von Gesundheitsunternehmen, und die Apotheken waren keine Ausnahme. Mit der Zeit werden die Patienten die aufgeschobenen Behandlungen wahrscheinlich nachholen.

Ein stärkeres Wachstum bei den Verschreibungen bringt Kunden in die Geschäfte und kurbelt den Verkauf anderer Produkte an. Der Einzelhandelsumsatz wuchs im Mai-Quartal zwar um bescheidene 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, aber dieses Wachstum kam von Schönheitsprodukten und Fotoverkäufen, die relativ hohe Gewinnmargen aufweisen.


   Höhere Laufkundschaft in britischen Filialen 

Die Aktionäre müssen sich mit erheblichen Unsicherheiten auseinandersetzen. So sind die Impfraten in den USA derzeit rückläufig, und es bleibt unklar, ob oder wann die Patienten Auffrischungsimpfungen benötigen. Es gibt auch grundlegende geschäftliche Herausforderungen, die nicht verschwinden, selbst wenn die Pandemie wirklich vorbei ist. So droht den traditionellen stationären Apotheken beispielsweise weiterhin Konkurrenz durch Amazon.

Gleichzeitig gibt es aber auch offensichtliche Quellen für positive Entwicklungen. Die Schließungen in Großbritannien haben die Umsätze in den zum Konzern gehörenden Boots-Filialen beeinträchtigt, aber diese Situation sollte sich in den kommenden Monaten verbessern. Das Unternehmen teilte zuletzt mit, dass die Laufkundschaft in den britischen Filialen erste Anzeichen einer Erholung zeige, die Standorte an Flughäfen und Bahnhöfen aber noch hinterherhinkten.

Die Menge an Sorgen bedeutet, dass die Aktie zu einem vernünftigen Preis zu haben ist. Die Aktien werden zum weniger als dem Zwölffachen des Ergebnisses vor der Pandemie für das Geschäftsjahr 2019 gehandelt - ein Schnäppchen am heutigen Aktienmarkt. Der Gesundheitszustand von Walgreens verbessert sich aber deutlich. Trotz des aktuellen Ausverkaufs ist der Konzern ein Investment wert und dieser Einstellung dürften die Investoren bald folgen.

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July 02, 2021 03:43 ET (07:43 GMT)