BERLIN (Dow Jones)--Zwischen den Mitgliedern des Berliner Wirecard-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag und der Staatsanwaltschaft München ist ein Streit über die Modalitäten der Vernehmung ehemaliger Top-Manager des insolventen Finanzdienstleisters entbrannt. Das berichtet verschiedene Medien. Während die Politiker darauf bestehen, den inhaftierten früheren Wirecard-Chef Markus Braun sowie zwei ebenfalls in Untersuchungshaft sitzende Beschuldigte in der Ausschuss-Sitzung am kommenden Donnerstag persönlich zu vernehmen, plädieren die Ermittler für eine Befragung per Video.

Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR sei die Gefahr einer Attacke durch "Dritte" nicht auszuschließen, argumentiert die Staatsanwaltschaft in einer E-Mail an den Untersuchungsausschuss.

Die Ermittler sorgen sich insbesondere um die Sicherheit ihres einzigen Kronzeugen, der ebenfalls am kommenden Donnerstag vernommen werden soll. Als mögliche Gefahr sehen die Ermittler das Umfeld des geflohenen Ex-Wirecard-Vorstands Jan Marsalek. Dieser solle über "sehr gute Geheimdienstkontakte in mehrere Länder, insbesondere nach Russland" verfügen. Daher solle die "Möglichkeit eines Eingreifens von dritter Seite nicht unterschätzt werden".

Zudem fürchten die Ermittler, das Trio könne im Umfeld der Sitzung "untereinander Kontakt aufnehmen und möglicherweise Aussagen absprechen". Oder versuchen, aufeinander Einfluss zu nehmen - vor allem auf den Kronzeugen. Dessen Bereitschaft, weiter mit den Behörden zusammenzuarbeiten, könnte "durch Kontakt mit beispielsweise einem ehemaligen Vorgesetzten für die Zukunft erheblich leiden". Die Staatsanwaltschaft warnt daher: "Unsere Ermittlungen sind insoweit massiv gefährdet."

Die Parlamentarier beharren dennoch, auch über die Parteigrenzen hinweg, auf einer persönlichen Befragung des beschuldigten früheren Wirecard-Managers.

Man habe im Untersuchungsausschuss die Bedenken der Staatsanwaltschaft sorgfältig geprüft. Gleichwohl: "Eine persönliche Vernehmung ist deutlich effizienter als eine Schalte", sagte Jens Zimmermann (SPD). So sieht es auch die Union. "Es kann nicht sein, dass wir bei unseren wichtigsten Wirecard-Zeugen auf den persönlichen Eindruck verzichten", sagt Matthias Hauer (CDU). Auch die Obleute von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen halten daran fest, "dass eine Vernehmung bei Anwesenheit der Zeugen im Sitzungssaal erforderlich ist".

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November 13, 2020 12:21 ET (17:21 GMT)