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FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein Leerverkaufsverbot der Finanzaufsicht Bafin hat am Montag Spekulanten den Wind aus den Segeln genommen, die auf einen fallenden Wirecard-Kurs setzen wollen. Ab sofort sei es für zwei Monate verboten, neue Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien der Wirecard AG zu begründen oder bestehende Netto-Leerverkaufspositionen zu erhöhen, teilte die Behörde am Montag in Bonn mit. Die Aktien schnellten daraufhin an der Spitze des deutschen Leitindex Dax um fast 13 Prozent auf 112,70 Euro nach oben.

Laut Einschätzung der Bafin besteht das Risiko, dass die Verunsicherung des Marktes hinsichtlich einer angemessenen Preisbildung bei Wirecard-Aktien zunimmt und sich zu einer generellen Marktverunsicherung ausweitet.

Der Schritt der Bafin sei äußert positiv für die arg gebeutelten Aktien, sagte ein Händler. Berichte der "Financial Times" über mögliche Bilanzierungsverstöße hatten die Aktien zuletzt stark belastet. Wirecard dementiert, dass Regelverstöße festgestellt wurden.

Die Vorwürfe der "FT" hatten zu ungewöhnlich starken Kursschwankungen für einen Dax-Wert geführt; von rund 168 Euro vor der Veröffentlichung brach der Kurs im Tief um fast die Hälfte auf 86 Euro ein. Zuletzt pendelte er mit großen Ausschlägen um die Marke von 100 Euro herum.

Bereits 2008 und 2016 war Wirecard nach Einschätzung der Bafin zum Ziel sogenannter Short-Attacken geworden, bei denen Leerverkäufer im Zuge negativer Nachrichten durch das Eingehen von Leerverkaufspositionen profitiert haben. Diese hätten auch zu Kursrückgängen geführt. Im aktuellen Fall schaltete sich auch die Münchner Staatsanwaltschaft ein. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Marktmanipulation gegen unbekannt.

Analysten bleiben optimistisch. Die internen Prüfsysteme von Wirecard dürften funktionieren, schrieb etwa Robin Brass von der Privatbank Hauck und Aufhäuser. Zudem sei die in den FT-Artikeln genannte Umsatzgröße im Vergleich zum Konzernumsatz verschwindend gering. Daher sieht der Brass Kursverluste als Kaufgelegenheit.

Damit steht Brass nicht alleine da. Alle acht Analysten, die sich seit den Vorwürfen Ende Januar geäußert haben, stuften die Aktien mit "Kaufen" ein, wie aus Daten des dpa-AFX-Analyser hervorgeht. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 200 Euro und damit 1 Euro über dem Rekordhoch der Aktien vom September 2018.

Vorausgegangen war ein jahrelanger steiler Kursanstieg im Sog starken Wachstums und zahlreicher Übernahmen vor allem in Asien. Allein seit Anfang 2010 hatten die Aktien in der Spitze um rund 2000 Prozent zugelegt.

Im September 2018 reichte es dann sogar für den Aufstieg in die erste deutsche Börsenliga. Die Commerzbank musste ihren Platz im Dax für Wirecard räumen. Zwischenzeitlich war Wirecard im Börsenwert nicht nur an der Commerzbank, sondern auch an der Deutschen Bank vorbeigezogen. Die ist mit rund 16 Milliarden Euro mittlerweile aber wieder mehr wert als Wirecard mit rund 12 Milliarden Euro. Die Commerzbank bringt es auf knapp 8,4 Milliarden Euro./mis/men/fba