Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die Befragung des KPMG-Prüfers Alexander Geschonneck in der Sitzung des Wirecard-Untersuchungsausschusses hat nach Darstellung von Ausschussmitgliedern den Druck auf den jahrelangen Abschlussprüfer EY erhöht. "Der Auftritt von Alexander Geschonneck hat sehr klar die eklatanten Defizite bei den Jahresabschlussprüfungen der Wirecard AG offen gelegt", sagte der Grünen-Politiker Danyal Bayaz.

Dass Wirecard die Veröffentlichung des "vernichtenden" Sonderuntersuchungsberichts zunächst noch als Befreiungsschlag gewertet und kommuniziert habe, zeige, dass man bis zuletzt jegliche Kritik einfach beiseiteschieben wollte. "Für den Abschlussprüfer EY sind die Aussagen von Herrn Geschonneck über fehlende Nachweise von zentralen Kundenbeziehungen, Umsätzen und Kontonachweisen ein desaströses Zeugnis", meinte Bayaz.

Der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann erklärte, nach den Aussagen Geschonnecks, der die KPMG-Sonderuntersuchung von Wirecard geleitet habe, "verdichtet sich ein klares Bild: Millionen und Milliarden der Wirecard AG auf Konten in Singapur und den Philippinen haben nie existiert. Es besteht erheblicher Zweifel, ob dem jahrelangen Abschlussprüfer EY jemals geeignete Unterlagen vorlagen, um die Existenz der Konten zu bestätigen." Deutlich geworden sei auch, dass der Wirecard-Betrug "bei einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung aufgeflogen" wäre. "Damit steigt der Druck auf EY, sich an der Aufklärung zu beteiligen." Er erwarte, auch von EY Antworten zu bekommen.


   Vorwürfe gegen EY 

Zuvor hatte ein Zeitungsbericht die Wirtschaftsprüfer von EY unter Druck gebracht. In einem Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft Berlin erhebe die Wirtschaftsprüferaufsicht Apas Vorwürfe gegen die Bilanz-Kontrolleure, schrieb das Handelsblatt. Demnach solle es Hinweise auf Straftaten der beteiligten Akteure von EY geben, so Personen, die im Wirecard-Untersuchungsausschuss mit dem Vorgang betraut seien.

EY erklärte dazu, dass es keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten von Abschlussprüfern und auch keinen Verdacht der Mitwirkung eines Abschlussprüfers an falschen Angaben zu Wirecard gebe. "Jede andere Information wäre eine Falschinformation und würde einer extremen Rufschädigung gleichkommen", sagte ein EY-Sprecher laut dem Bericht.

Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi, der ebenfalls in dem Ausschuss sitzt, forderte aber in einer Pressemitteilung Konsequenzen: "Die Bundesregierung muss sofort handeln und sollte keine weiteren öffentlichen Aufträge mehr an EY vergeben, solange staatsanwaltschaftliche Ermittlungen anhängig sind."

Auch auf die Wirtschaftsprüfung KPMG erhöht sich laut dem Blatt im Zusammenhang mit der Wirecard-Affäre der Druck. Interne Dokumente von KPMG offenbarten, dass das Unternehmen stärker als bisher bekannt für einen dubiosen Fonds auf Mauritius aktiv gewesen sei - was bislang verschwiegen worden sei. Dieser Fonds steht im Verdacht, dass der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek und andere Manager über ihn einen dreistelligen Millionenbetrag auf Kosten des Konzernvermögens abgezweigt haben könnten.

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November 26, 2020 14:06 ET (19:06 GMT)