ASCHHEIM/NEW YORK (dpa-AFX) - Der Zahlungsabwickler Wirecard hat wie erwartet seine Mittelfristziele bei Umsatz und Gewinn nach oben geschraubt. Dank eines beschleunigten eigenen Wachstums, der stärkeren Konzentration auf Großunternehmen und auch dank der Partnerschaft mit dem Technologiekonzern Softbank rechnet der Dax-Konzern nun im Jahr 2025 mit mehr Umsatz und Gewinn als bisher. Der Umsatz soll dann mehr als 12 Milliarden Euro erreichen und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) mehr als 3,8 Milliarden, wie der Konzern am Dienstag vor einer Kapitalmarktveranstaltung in New York mitteilte.

Bisher standen mehr als 10 Milliarden Euro Umsatz und mehr als 3,3 Milliarden Euro operativer Gewinn für 2025 im Plan. Das über die Wirecard-Plattform abgewickelte Transaktionsvolumen an Zahlungen soll dann bei über 810 Milliarden Euro liegen, statt nur bei über 710 Milliarden. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 wickelte Wirecard Zahlungen von knapp 125 Milliarden Euro ab. Die Ziele für das laufende und das kommende Jahr beließ Wirecard unverändert, obwohl einige Analysten zumindest für 2020 auch mit einem angehobenen Ausblick gerechnet hatten. Die Wirecard-Aktie legte im frühen Handel um 1,73 Prozent zu.

Wirecard verdient sein Geld vor allem am Boom des Onlineshoppings. Der Konzern bietet Händlern die Abwicklung von Zahlungen über das Internet und im Laden an und will vor allem davon profitieren, dass mehr und mehr Bargeldzahlungen durch elektronische Lösungen ersetzt werden. Wirecard zählte zuletzt weltweit mehr als 300 000 Händler zu seinen Kunden, der weit überwiegende Teil davon sind kleine Verkaufsstellen, die vergleichsweise geringe Transaktionsvolumina auslösen. Lange war Wirecard vor allem durch Übernahmen in Asien schnell gewachsen. Seit einiger Zeit legt das Unternehmen aber vor allem aus eigener Kraft zu.

Zuletzt hatte Wirecard aber auch vermehrt größere Kunden an Land gezogen. Unter anderem übernimmt das Unternehmen einen Teil der Kartenzahlungen in den deutschen Aldi-Filialen. Zusammen mit dem chinesischen Kreditkartenriesen Unionpay bauen die Aschheimer ihr Geschäft in China deutlich aus.

Wirecard-Chef Markus Braun hatte bereits angekündigt, dass die Ziele für das Jahr 2025 angepasst würden, nachdem der Tech-Konzern Softbank zuletzt seinen Einstieg über eine Wandelanleihe im Volumen von 900 Millionen Euro festgezurrt hatte. Über die Kooperation will Wirecard auch Kundenbeziehungen zu Beteiligungsunternehmen von Softbanks Technologie-Fonds gewinnen. Erste Erfolge konnte Wirecard präsentieren, etwa mit dem Gebrauchtwagen-Onlinehändler Auto1. Der japanische Softbank-Konzern gilt unter seinem Chef Masayoshi Son als einer der größten Tech-Investoren weltweit und hat Anteile an vielen namhaften Technologie-Unternehmen.

Wirecard ist nicht erst seit dem Dax-Aufstieg vor gut einem Jahr an der Börse eine heiß gehandelte Aktie. Immer wieder geriet das Unternehmen wegen angeblich fragwürdiger Geschäftspraktiken ins Gerede, wurde aber auch immer wieder von sogenannten Leerverkäufern attackiert, die auf fallende Aktienkurse spekulieren und daran verdienen wollen. Anfang des Jahres sorgte ein Bericht der Wirtschaftszeitung "Financial Times" ("FT") rund um Bilanzunregelmäßigkeiten in Singapur für Unruhe, die Aktie rutschte im Zuge der Berichterstattung innerhalb einer guten Woche teils um fast die Hälfte ab. Auch heute liegt sie noch deutlich unter dem Niveau von vor dem Bekanntwerden der Bilanzprobleme, seit einigen Monaten schwankt sie mehr oder weniger um die Marke von 150 Euro.

Nach mehreren Untersuchungen hatte Wirecard im Frühjahr einräumen müssen, dass einige Posten bei einer Tochter tatsächlich falsch verbucht wurden, allerdings in geringerem Umfang als von der "FT" suggeriert. Einige Mitarbeiter könnten sich in Singapur strafbar gemacht haben, systematische Luft- und Falschbuchungen schließt Wirecard aber aus.

Der Fall beschäftigt noch immer die Behörden. In Deutschland gehen Staatsanwaltschaft und Finanzaufsicht Bafin auch dem Verdacht unerlaubter Marktmanipulation durch Spekulanten nach. Das Unternehmen geht auch rechtlich gegen Mitarbeiter der britischen Zeitung vor, weil sie womöglich mit Spekulanten unter einer Decke stecken sollen. Die "FT" sieht sich allerdings nach Untersuchungen einer beauftragten Anwaltskanzlei entlastet von den Vorwürfen./men/knd/jha/