Yakult nähert man sich am besten von historischer Seite. In den 1930er-Jahren kombinierte der Wissenschaftler Dr. Shirota ein besonderes Fermentationsverfahren, das er entdeckt hatte, mit einem speziellen Milchsäurebakterium, das den Darm lebend erreichen kann. Das war die Geburtsstunde von Yakult. Zunächst wurde das Getränk vom Labor aus verkauft, doch es erfreute sich immer größerer Beliebtheit. Der Erfinder warb offen mit den gesundheitlichen Vorteilen der lebenden Bakterienstämme seines Getränks, um die Anziehungskraft der Marke zu erhöhen.

Das Getränk auf der Basis von Milchsäurebakterien verhalf der Marke zum Erfolg (Quelle: Yakult Honsha):

Das Konzept mündete schließlich im Jahr 1955 in die Unternehmensgründung. Zur Absatzsteigerung setzte Shirota auf eine Strategie, die damals als innovativ galt: Weibliche Angestellte - die Yakult Ladies - lieferten das Getränk direkt nach Hause. So schuf man Kundennähe und konnte die positive gesundheitliche Wirkung des Getränks anpreisen. Seither hat der Konzern sein Angebot mit Kosmetika, Pharmazeutika und ... Baseball diversifiziert.

Die Yakult Ladies mit Hut und Uniform des Unternehmens bei der Auslieferung (Quelle: Yakult Honsha).

Herzstück des Geschäfts ist jedoch nach wie vor die Nahrungsmittel- und Getränkesparte, auf die fast 92 % der Einnahmen entfallen, während Kosmetik und Pharmazeutika jeweils nur 4 % des Umsatzes ausmachen. Zum Ende des am 31. März 2022 abgelaufenen Geschäftsjahres (die Steuerjahre japanischer Unternehmen gehen in der Regel von März bis März) erreichte der Umsatz 415 Mrd. JPY (ca. 2,9 Mrd. EUR). Davon wurden 56,5 % in Japan und 43,5 % im Rest der Welt erwirtschaftet, und zwar hauptsächlich im übrigen Asien, ein kleiner Teil in den USA und noch etwas weniger in Europa.

Nach Angaben des Unternehmens wurden 2022 jeden Tag durchschnittlich 41,4 Millionen kleine Yakult-Flaschen verkauft. Nur 10 Millionen dieser Flaschen kommen auf den japanischen Markt, der jedoch am meisten Umsatz generiert, weil die Verkaufspreise dort viel höher sind als im übrigen Asien, wo mehr als die Hälfte der verkauften Flaschen konsumiert wird.

Verkaufsmengen nach Regionen (Quelle: Yakult Honsha):

Dabei sind die Yakult Ladies, die für den anfänglichen Erfolg des Unternehmens eine tragende Rolle gespielt haben, weiterhin der Vertriebskanal Nummer eins: 2022 lieferten die Damen 50,4 % der verkauften Flaschen aus. Die andere Hälfte wird über Supermärkte, kleinere Geschäfte und über das Internet vertrieben.

Vertriebskanäle der Lebensmittel (Quelle: Yakult Honsha):

Das Pharmazeutika-Segment umfasst Gesundheitsprodukte und steuert 4 % zum Gesamtumsatz bei. Das Unternehmen verfügt über zwei Forschungszentren, eines davon befindet sich in Gent (Belgien). Der Forschungsschwerpunkt liegt auf Probiotika. Die übrigen Aktivitäten machen 4,5 % des Umsatzes aus. Dabei werden Kosmetika (hauptsächlich Feuchtigkeitsprodukte) und Baseball (die Tokyo Yakult Swallows ist eine der besten Mannschaften Japans) nicht getrennt voneinander betrachtet.

Kosmetik und Baseball, zwei der drei Diversifizierungsbereiche (Quelle: Yakult Honsha):

Diese beiden Segmente machen zusammen also weniger als 10 % des Umsatzes aus. Dennoch sind sie ein wichtiger Bestandteil der Diversifizierungsstrategie, die dem traditionellen Geschäft den Rücken stärken soll. Letzteres ist nämlich mit einem gesättigten japanischen Markt konfrontiert und sucht sein Glück im Ausland. Yakult versucht beispielsweise, noch mehr Marktanteile in den USA zu erobern.

Expansion im Wachstumsmarkt USA (Quelle: Yakult Honsha):

Wie viele japanische Unternehmen verfügt Yakult über eine sehr lokale Aktionärsstruktur. Die Gruppe ist nur zu 22,65 % im Besitz ausländischer Investoren, 14 % gehören der Bank of Japan und 15 % des Kapitals entfallen auf japanische Kleinanleger.

Kapitalstruktur des Unternehmens (Quelle: Yakult Honsha):

Nun zur Finanz- und Ertragslage: Das Unternehmen hat schon seit einigen Jahren mit nachlassendem Wachstum zu kämpfen. Im Zeitraum 2016 bis 2022 ist der Umsatz nur um 5,7 % gestiegen. Diese schwache Entwicklung erklärt, weshalb das Unternehmen versucht, in den USA Fuß zu fassen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Betrachtet man jedoch den Neunjahreszeitraum von 2013 bis 2022, beträgt der Umsatzanstieg 23,1 %. Für ein auf Lebensmittel spezialisiertes Unternehmen ist das durchaus beachtlich. Zum Vergleich: Der Umsatz von Danone ist im gleichen Zeitraum nur um 12,3 % gewachsen.

Da Yakult nicht so stark wächst, hat das Unternehmen an seinen Margen gearbeitet - mit Erfolg. Die Nettomarge ist seit 2013 ausnahmslos jedes Jahr gestiegen. Sie kletterte von 5,1 % auf 10,8 % und hat sich damit mehr als verdoppelt. Dank des guten Kostenmanagements kann Yakult seinen Gewinn schneller steigern als seinen Umsatz. Der Gewinn pro Aktie hat sich im genannten Zeitraum von 95 JPY im Jahr 2013 auf 280 JPY im vergangenen Jahr deutlich erhöht.

Entwicklung der Nettomarge (Quelle: MarketScreener):

Die Generierung des freien Cashflows (Free Cashflow) ist ebenfalls interessant. Die Free-Cashflow-Marge schwankt im Laufe der Zeit, hat im Jahr 2022 aber trotzdem ein Rekordniveau von 14,8 % erreicht. Im Betrachtungszeitraum seit 2013 hat das Unternehmen einen freien Cashflow von insgesamt 278,9 Mrd. JPY erwirtschaftet, der unter anderem für Aktienrückkäufe verwendet wurde. Dadurch ging die Anzahl der Wertpapiere von 172,5 Millionen auf 159,7 Millionen zurück. Die Aktionäre konnten sich auch über eine seit 2013 stetig steigende Dividende freuen.

Zudem wurden mit einem beachtlichen Teil des durch die Geschäftstätigkeit generierten Cashflows die Kassen aufgefüllt, sodass die Liquidität Ende 2022 bei 132 Mrd. JPY lag.

Finanzkraft, Resilienz und gutes Management: Kein Wunder, dass Danone einst davon träumte, sich das japanische Unternehmen einzuverleiben. Der französische Lebensmittelriese hatte seine Beteiligung bis auf 21 % aufgestockt und wollte mehr, doch eine Übernahme durch einen europäischen Konkurrenten kam für Yakult nicht in Frage. Letztendlich verkaufte Danone seine Beteiligung, um seine Kapitalstruktur zu stärken.

Die Bewertung von Yakult lässt sich nicht so leicht anhand von Vergleichswerten aus der Lebensmittelbranche beurteilen. Giganten wie Nestlé oder Danone sind viel breiter aufgestellt und haben eine völlig andere Unternehmenskultur, wodurch man zu falschen Schlüssen kommen könnte. Gleichwohl liegt das KGV für 2023 bei 27,9 gegenüber einem Zehnjahresdurchschnitt von 34,2. 

Diese Position im Asien-Portfolio wurde nach quantitativen Kriterien auf Basis der Daten von MarketScreener aufgebaut.

Ein Pluspunkt ist vor allem die Bekanntheit der Marke, denn sie verleiht Yakult eine gewisse Preismacht, die gerade in Zeiten hoher Inflation entscheidend ist. Die Aussichten sind intakt und die Bilanz solide, allerdings könnten die fehlenden Synergien zwischen den Geschäftsaktivitäten zum Problem werden. Yakult muss wieder auf den Wachstumspfad zurückfinden, denn die Margen konnten zwar in der Vergangenheit verbessert werden, doch auch dieses Potenzial ist irgendwann erschöpft. Die Robustheit und die Fundamentaldaten des Unternehmens haben uns ebenfalls in unserer Anlageentscheidung bestärkt.