Frauenfeld TG (awp/sda) - Der Chef der Versandapotheke Zur Rose, Walter Oberhänsli, muss sich kommende Woche wegen umstrittener Geschäftspraktiken in den Jahren 2010 bis 2015 vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft ihm Verstösse gegen das Heilmittelgesetz und das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb vor.

Der Beschuldigte habe "als CEO das Geschäftsmodell des Versandhandels von gewissen Arzneimitteln zu verantworten", schrieb das Bezirksgericht Frauenfeld zum Prozess, der am 1. Dezember beginnt. Die Versandapotheke habe damit einen erheblichen Umsatz erzielt und sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft.

Zur Rose soll in den Jahren 2011 bis 2015 Medikamente auf Bestellung an Kunden versandt haben, ohne die gemäss Heilmittelgesetz vorgeschriebene ärztliche Verschreibung korrekt durchgeführt zu haben. Laut Anklageschrift geht es um etwa 143'000 Bestellungen im Umfang von total mindestens 7,15 Millionen Franken.

Wer Arzneimittel bestellte, musste zwar jeweils einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Weil aber der persönliche Kontakt zwischen Patienten und Ärzten fehlte, waren gemäss Anklage die rechtlichen Anforderungen ungenügend erfüllt. Die Angaben der Kunden in den Formularen seien nicht überprüft worden.

Umstrittene Vergütungen

Auch mit der Auszahlung von Vergütungen an Ärzte soll Zur Rose gegen das Heilmittelgesetz verstossen haben. Laut Anklage erhielten in den Jahren 2010 bis 2014 rund 6400 Ärzte insgesamt über acht Millionen Franken an solchen Entschädigungen.

Der Prozess geht auf mehrere Strafanzeigen des Schweizerischen Apothekerverbands Pharmasuisse zurück. Der Verband und das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic treten am Prozess neben der Staatsanwaltschaft ebenfalls als Kläger auf. Zu prüfen ist neben strafrechtlichen Fragen auch eine Ersatzforderung gegen Zur Rose.

Die Geschäftspraktiken der Frauenfelder Versandapotheke beschäftigte in den vergangenen zehn Jahren immer wieder Behörden und Gerichte. 2014 kam das Thurgauer Verwaltungsgericht zum Schluss, das Geschäftsmodell von Zur Rose sei zulässig. Das Bundesgericht hob jenes Urteil aber 2015 auf.