FRANKFURT (awp international) - Am Tag nach dem reibungslosen Machtwechsel in den Vereinigten Staaten gehen die Anleger am Donnerstag etwas vorsichtiger an den Aktienmarkt heran. Der Dax schaffte es zwar früh, aber nicht nachhaltig über die Marke von 14 000 Punkten. Knapp 100 Punkte vor dem Rekordhoch schalteten die Anleger einen Gang zurück.

Der Dax lag am Nachmittag nur noch leicht mit 0,05 Prozent im Plus bei 13 927,93 Punkten. Was Bestmarken betrifft, macht die zweite Börsenreihe dem Leitindex in diesen Tagen etwas vor: Sowohl der MDax als auch der SDax konnten diese erneut weiter nach oben schrauben. Der Index der mittelgrossen Werte stieg zuletzt um 0,47 Prozent auf 31 725,92 Punkte, während jener der Kleinwerte 0,54 Prozent auf 15 663,33 Zähler gewann.

Der Demokrat Joe Biden ist nun der 46. Präsident der USA. Er will die von der Corona-Pandemie schwer getroffene Wirtschaft mit weiteren, billionenschweren Hilfsmassnahmen stützen. Dies trieb die Aktienkurse am Vorabend in New York in Rekordhöhen, am Donnerstag ist nun ein stabiler Auftakt an der Wall Street absehbar. Zum Thema wurde dort unter anderem das Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia, das sich im Januar unerwartet stark aufgehellt hatte.

Marktbeobachter sprechen neuerdings von einer "blauen Welle", auf der die Anleger ritten. Damit meinen sie sinnbildlich die jüngsten Erfolge der von Biden angeführten US-Demokraten, angelehnt an deren Parteifarbe. "Noch surfen die Anleger darauf, scheinbar ohne sich der Gefahr bewusst zu sein, dass auch diese Welle irgendwann brechen könnte", sagte Marktexperte Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets.

Am Donnerstag schauten die Anleger auch auf den Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB). Die verschärften Einschränkungen für die Wirtschaft in vielen Euro-Staaten haben die Währungshüter erwartungsgemäss nicht erneut zum Handeln veranlasst, der expansive geldpolitische Kurs blieb unverändert. Am Nachmittag rückten noch Erläuterungen der EZB-Chefin Christine Lagarde ins Blickfeld.

Auf Unternehmensseite standen die in Corona-Zeiten bei Anlegern stets beliebten Aktien der Shop Apotheke im Rampenlicht. Mit einem Anstieg um 3,6 Prozent verbuchten sie den nächsten Rekord. Als Treiber unter den erfolgsverwöhnten Aktionären galten nun starke Zahlen des Wettbewerbers Zur Rose, dessen Papiere in Zürich um sieben Prozent anzogen.

Gemeinsam mit der Shop Apotheke waren am Donnerstag auch viele andere Aktien gefragt, die bei Anlegern als Gewinner der Pandemie gelten. Während Hellofresh oder Delivery Hero um etwa drei Prozent stiegen, zogen die Papiere des Online-Tierbedarfhändlers Zooplus an der SDax-Spitze sogar um elf Prozent an. Sie näherten sich damit ihrem bisherigen Rekordhoch vom Mai 2017.

Das von Corona gepushte Thema Digitalisierung erstreckte sich auf die ganze Technologiebranche. Die Infineon -Aktien glänzten im Dax mit einem weiteren Hoch seit 2001. Die 1,5 Prozent höheren Titel des Chipkonzerns profitierten weiter von der international guten Stimmung im Sektor. Tech-Werte hatten am Vortag in New York mit ihrer Kursrally beeindruckt.

Als ein weiterer Krisengewinner gilt seit Monaten auch der Medizintechnikhersteller Drägerwerk wegen diverser Produkte, die in der Pandemie gebraucht werden. Sie stiegen um zwei Prozent und erreichten zeitweise ein Hoch seit den ersten Erfolgsmeldungen zu Impfstoffen im November. Händler verwiesen auf eine weiter steigende Nachfrage nach FFP2-Schutzmasken, die mancherorts zur Pflicht werden sollen.

Unter die Gewinner im MDax mischten sich noch die 3,3 Prozent höheren Aktien von ProSiebenSat.1 . Als Kurstreiber galt, dass die italienische Mediengruppe Mediasat als Grossaktionär weiter fleissig seine Anteile am deutschen Konkurrenten aufstockt.

Der Euro ist am Donnerstag im Zuge des EZB-Zinsentscheids gestiegen, zuletzt wurden 1,2162 US-Dollar für einen Euro gezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,2101 Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8264 (0,8243) Euro.

Am Rentenmarkt verharrte die Umlaufrendite auf minus 0,55 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,01 Prozent auf 146,06 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,29 Prozent auf 176,92 Punkte./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---