FRANKFURT (awp international) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt ziehen sich am Dienstag nach einem rekordhohen Jahresauftakt zurück. Der Dax weitete sein Minus am Nachmittag mit 13 618,51 Punkten auf 0,79 Prozent aus. Während auch der Eurozonen-Leitindex in ähnlichem Masse nachgab, verteidigte der MDax mit seinen mittelgrossen deutschen Unternehmen ein Plus von 0,20 Prozent auf 31 012,64 Punkte.

Am Vortag hatte der Dax mit einem Rekord von 13 907 Punkten einen positiven Jahresstart geliefert. Er litt dann aber spät mit der Wall Street unter Gewinnmitnahmen. In New York zeichnen sich nun für den Dow Jones Industrial nochmals leichte Verluste ab. Anleger meiden dort neuerdings die Unsicherheit wegen der Wahlen im US-Bundesstaat Georgia. Diese gelten als entscheidend für die künftigen Machtverhältnisse im einflussreichen US-Senat.

Als Bremse hierzulande gelten aber auch die aktuellen Entwicklungen in der Corona-Krise. Die in den vergangenen Wochen spürbare Impfstoff-Euphorie weicht derzeit wegen dem Infektionsgeschehen wieder etwas der Sorge, dass verlängerte Massnahmen der Wirtschaft noch länger zusetzen werden. In Deutschland zeichnet sich eine Fortsetzung des Lockdowns bis mindestens Ende Januar ab. In England sollen künftig wieder weitreichende Ausgangsbeschränkungen gelten.

Laut Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets hat der Aktienmarkt für einen Weg aus der Pandemie schon viel vorweg genommen und so stelle sich die Frage, ob ein Einstieg auf Rekordniveau für Anleger noch angebracht ist. Er sieht den Dax nun am Scheideweg - entweder mit einer möglichen Korrektur oder nach dem Muster der vergangenen Monate, wonach kurze Schwächen nur eine Gegenbewegung im intakten Aufwärtstrend darstellen.

Im Dax waren vor diesem Hintergrund eher Aktien aus defensiven Branchen wie etwa Medizin oder Immobilien gefragt. Aus der Gesundheitsbranche stiegen Fresenius und FMC um mehr als ein Prozent, gefolgt von Vonovia und den Pharmakonzernen Bayer und Merck mit Anstiegen von etwa einem halben Prozent.

Bei Continental half es nicht nachhaltig, dass sich JPMorgan in einer Branchenstudie optimistischer zu dem Autozulieferer äusserte. Nach anfänglich deutlichen Gewinnen drehten die Aktien mit einem Prozent ins Minus. Geprägt von den konjunkturellen Sorgen wendete sich das Stimmungsbild im ganzen europäischen Autosektor zum Negativen. Bei anderen Branchenunternehmen wie BMW äusserte sich JPMorgan nun ohnehin vorsichtiger, hier rutschten die Aktien um 1,7 Prozent ab.

Angesichts des wohl verlängerten Lockdowns mauserten sich die Aktien von Hellofresh im MDax zum Spitzenreiter. Mit einem Anstieg um vier Prozent wurden die Papiere erstmals zu mehr als 65 Euro gehandelt. Der Anbieter von Kochboxen gilt seit langem als grosser Profiteur der krisenbedingten Schliessung von Restaurants. Ähnliches gilt für den Essenslieferanten Delivery Hero , dessen Papiere im Dax um 2,1 Prozent nach oben folgten.

Hinten im Leitindex lagen aber die RWE -Aktien, die nach ihrer Vortagsrally auf ein Hoch seit 2012 um zwei Prozent sanken. Versorger wurden am Dienstag bei Anlegern europaweit vom Wunschzettel gestrichen. Die Aktien von Eon waren im deutschen Leitindex ein ähnlich grosser Verlierer wie RWE.

Gesprächsstoff lieferte noch der mit Manipulationsvorwürfen konfrontierte Leasingspezialist Grenke , dessen vorgestellte Neugeschäftszahlen nicht zu einem Befreiungsschlag wurden. Die Aktien verloren im SDax 3,4 Prozent.

Ansonsten sorgen auch im Kleinwertebereich Analystenkommentare für Bewegung. Die 2,3 Prozent schwächeren Titel des Nutzfahrzeugzulieferers Jost Werke wurden belastet von gleich zwei Abstufungen durch die Analysten von JPMorgan und Stifel Europe. Auf dem jüngsten Hoch seit März 2018 vermissen die Experten jeweils weiteres Aufwärtspotenzial.

Die Aktien von Nordex dagegen setzten ihre Rally mit plus 4,5 Prozent und einem Hoch seit 2016 fort. Benjamin Heelan von der Bank of America rechnet 2021 im Windkraftsektor mit einem weiteren starken Jahr und sprach den Nordex-Aktien daher eine Kaufempfehlung aus. Mit einem Kursziel von 32 Euro sieht er 40 Prozent Luft nach oben.

Der Euro kostete zuletzt 1,2267 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Montag auf 1,2296 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,60 Prozent am Vortag auf minus 0,59 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,05 Prozent auf 146,39 Punkte. Der Bund-Future gab leicht um 0,06 Prozent auf 178,17 Punkte nach./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---