FRANKFURT (awp international) - Schwache Vorgaben aus Übersee haben dem deutschen Aktienmarkt am Montag deutliche Verluste eingebrockt. An den Börsen in China und Hongkong ging es angesichts der Proteste der Bevölkerung gegen die strikten Massnahmen der Null-Covid-Politik der politischen Führung deutlich nach unten. Zudem zeichnet sich auch in den USA ein verhaltener Handelsauftakt ab

Der Dax weitete nach einem schwachen Start sein Minus aus und büsste um die Mittagszeit 0,85 Prozent auf 14 417,89 Punkte ein. In den vergangenen acht Wochen hat der Leitindex um bis zu knapp 23 Prozent zulegt. Eine Konsolidierung ist laut Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners daher "durchaus gesund und für die mittelfristige Kursentwicklung positiv".

Für den MDax der mittelgrossen Werte ging es am Montag um 1,30 Prozent auf 25 634,22 Zähler bergab. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor zuletzt 0,68 Prozent auf 3935,43 Punkte.

Auslöser des öffentlichen Unmuts in mehreren chinesischen Metropolen war der Brand in einer Wohnung in der Millionenstadt Ürümqi im Nordwesten des Landes am Donnerstagabend mit mindestens zehn Toten. Viele sind der Meinung, dass die Rettungsarbeiten durch die strengen Corona-Massnahmen behindert wurden. Während der grössten Protestwelle seit Jahrzehnten wurden bereits zahlreiche Menschen festgenommen.

"Die Proteste in China sind eine neue Situation für die Börsianer. Und neue Situationen sind immer mit reichlich Unsicherheit verbunden", erläuterte Experte Altmann. Die aktuellen Covid-Ausbrüche schürten zudem Angst vor einer längeren wirtschaftlichen Durststrecke in der weltweit zweitgrössten Volkswirtschaft. Wie Commerzbank-Devisenexperte Ulrich Leuchtmann ergänzte, könnten Chinas Machthaber aber auch mit einer konjunkturell positiven Lockerung der Lockdowns auf die Proteste reagieren.

Am deutschen Aktienmarkt standen die Aktien des Chemikalienhändlers Brenntag im Fokus. Sie litten unter Übernahmegesprächen des Managements mit dem US-Rivalen Univar Solutions und büssten als Dax-Schlusslicht über siebeneinhalb Prozent ein. Analysten sehen Licht und Schatten. Ein solcher Deal könnte enorme Synergien freisetzen, schrieb etwa Baader-Bank-Analyst Markus Mayer. Die Frage des Kaufpreises sei zwar noch offen, er rechne aber mit einem disziplinierten Vorgehen. Für Alex Stewart von der Bank Barclays dagegen wäre der Kauf strategisch gesehen eine Kehrtwende in Sachen Prioritäten, die er als "unerwünschte Ablenkung" in einer ansonsten überzeugenden Anlagestory beurteilt.

An der Spitze im Dax legten indes die Papiere von Fresenius nach einer neuen Kaufempfehlung der UBS um 1,8 Prozent zu. Die europäische Medizintechnikbranche sei trotz ihrer Kurskorrektur im laufenden Jahr zwar nicht günstig, die Bewertung der Fresenius-Aktie allerdings schon, schrieb Analyst Graham Doyle.

Analystenurteile bewegten zudem die Chemieaktien Lanxess und Symrise . Goldman-Analystin Georgina Fraser rechnet mit sinkenden Rohstoffpreisen und rät in der Chemiebranche zum Portfolioumbau. Bei Lanxess verweist sie auf die schwache Bilanz und sieht starkes Erholungspotenzial beim Umlaufvermögen, weshalb sie das Papier auf "Buy" hochstufte.

Ihr Anlageurteil für Symrise revidierte sie dagegen von "Buy" auf "Neutral". Im Vergleich zu direkten Wettbewerbern habe sich die Aktie des deutschen Duftstoffe- und Aromenherstellers bereits besser entwickelt, so das Argument für ihre Abstufung. Während Symrise mit knapp anderthalb Prozent Minus zu den schwächsten Werten im Leitindex zählten, reichte den Papiere des MDax-Branchenkollegen Lanxess ein knappes Minus für einen der vorderen Indexplätze.

Ausserhalb der grossen deutschen Indizes sprangen die Aktien der Adler Group um 56 Prozent hoch. Sie profitierten von der Nachricht, dass sich der stark angeschlagene Immobilienkonzern mit einer Kerngruppe von Gläubigern über eine Anpassung der Bedingungen der von Adler ausgegebenen Anleihen geeinigt hat./gl/mis

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---