FRANKFURT (awp international) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben sich am Donnerstag weiter von den Sorgen um den Konflikt mit dem Iran gelöst. Dank milderer Töne aus den USA machte der Dax einen Schritt in Richtung seines bisherigen Rekordhochs. Am Nachmittag rückte er um 1,19 Prozent auf 13 479,28 Punkte vor. Damit fehlen ihm nur noch etwas mehr als 100 Punkte zur Bestmarke von gut 13 596 Zählern, die er im Januar 2018 erreicht hatte.

Die unmittelbare Gefahr eines neuen Krieges im Nahen Osten scheint zunächst gebannt. US-Präsident Donald Trump kündigte zuletzt bei einer Ansprache an die Nation zwar neue Wirtschaftssanktionen gegen den Iran an, aber keine weiteren Militärschläge. "Es scheint fraglich, ob Trump im Wahljahr einen Krieg vom Zaun brechen will", schrieb Analyst Martin Utschneider vom Bankhaus Donner & Reuschel. Das amerikanische Volk sei "erwiesenermassen kriegsmüde".

"Der Dax bleibt ein Stehaufmännchen", kommentierten die Chartexperten der UBS den Fakt, dass sich der Leitindex wieder rasch erholen konnte vom jüngsten Rutsch unter die 13 000 Punkte wegen des Iran-Konfliktes. Damit sei der übergeordnete Aufwärtstrend weiter intakt. Über 13 425 Punkten - eine Marke, die ihm zuletzt Widerstand leistete - sehen sie den Weg nach oben zum bisherigen Rekord frei.

Andere Indizes folgten dem Dax am Donnerstag nach oben. Der MDax der mittelgrossen deutschen Werte stieg um 0,52 Prozent auf 28 526,57 Punkte, der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx legte um 0,59 Prozent auf 3794,76 Zähler zu. In New York steuert der Dow Jones Industrial mit einer Annäherung an die 29 000 Punkte auf einen neuen Rekord zu.

Mit Blick auf die Einzelwerte sorgte am Donnerstag Cancom für Schlagzeilen. Die Aktien des IT-Dienstleisters sackten als MDax-Schlusslicht ab, weil der Vorstandsvorsitzende Thomas Volk wegen unterschiedlicher strategischer Auffassungen seinen Hut nimmt. Mit einem Minus von zuletzt 5,6 Prozent liess der Druck aber im Tagesverlauf etwas nach. Analyst Tim Wunderlich von Hauck & Aufhäuser hatte sich in einer Studie wenig beunruhigt gezeigt.

Ansonsten überwogen in dem starken Marktumfeld die positiven Kursreaktionen. Im MDax stiegen die Aktien von Evotec um 4,4 Prozent, weil der Wirkstoffforscher seine strategische Allianz mit dem Pharmariesen Bayer im Bereich der Frauengesundheit erweitert. Ein Händler sprach von einem "anhaltend guten Nachrichtenfluss" bei dem Biotech-Unternehmen.

Die Commerzbank empfiehlt nun die Biotech-Aktie von Morphosys zum Kauf, sie stieg um fast 5 Prozent auf ein Hoch seit der Jahrtausendwende. Analyst Daniel Wendorff äusserte sich positiv zur Pipeline an Wirkstoffen des MDax-Konzerns.

Bei Aixtron war es das Bankhaus Lampe, das in Erwartung von neuen Wachstumstreibern zum Kauf rät. Hier kletterten die Aktien um mehr als 5 Prozent. In der Spitze näherten sie sich erstmals seit September wieder bis auf wenige Cent der Marke von 10 Euro.

Im Dax avancierten Lufthansa mit einer deutlichen Erholung um fast 4 Prozent zum Spitzenreiter, nachdem sie jüngst im Zuge des Iran-Konflikts einige Tage unter einem befürchteten Anstieg der Treibstoffkosten gelitten hatten. Mittlerweile hat sich die Lage am Ölmarkt aber entspannt.

Die Aktien von Infineon rückten im Leitindex ausserdem um 2 Prozent vor. Chipwerte setzten ihre Rally am Donnerstag europaweit fort. "Der Halbleitermarkt wird angetrieben vom neuen Mobilfunkstandard 5G in der Frühphase und von einer längerfristigen Erholung der Automobilindustrie", sagte Analyst Sandeep Deshpande von JPMorgan.

Nach den deutlichen Kursverlusten der vergangenen Tage hat sich der Euro am Donnerstag stabilisiert. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,1114 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs tags zuvor auf 1,1115 Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,29 Prozent am Vortag auf minus 0,25 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,23 Prozent auf 143,85 Punkte. Der Bund Future lag knapp mit 0,07 Prozent im Minus bei 171,31 Zählern./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---