FRANKFURT (awp international) - Nach dem Fall auf das niedrigste Niveau seit November 2020 hat ein Stabilisierungsversuch deutscher Aktien am Mittwoch anders als zuletzt zumindest erst einmal Bestand. Der Dax legte am Nachmittag 1,50 Prozent auf 12 587,13 Punkte zu. Der MDax gewann 1,78 Prozent auf 25 072,28 Zähler. Auch für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es deutlich um 1,8 Prozent nach oben.

Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Tagen hielt sich der deutsche Leitindex nach freundlichem Start bis zum Nachmittag im Plus. Eine unterstützende Wirkung kam etwa von der technologielastigen US-Börse Nasdaq, deren Indizes am Vorabend ihre Erholungsgewinne ausgeweitet hatten. Da tat es den Gewinnen auch keinen Abbruch, dass die New Yorker Börsen am Mittwoch auf einen verhaltenen Start zusteuern.

Seit Wochen sind die Anleger beunruhigt, dass Europa wegen seiner hohen Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen besonders anfällig für eine Energiekrise ist, was im Zusammenspiel mit einer hohen Inflation und steigenden Zinsen eine Rezession nach sich ziehen könnte. In den vergangenen Wochen waren deshalb auf Erholungsversuche immer wieder teils hohe Verluste gefolgt.

"Derzeit mischen sich unter die ohnehin schon schwergewichtigen Probleme immer neue, teilweise politische Risiken dazu", schrieb Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect. "Die Marktteilnehmer kommen dadurch nicht zur Ruhe und so werden kurz zuvor eingegangene Aktienpositionen wenig später wieder aufgelöst." Eine Nachhaltigkeit der Erholung wird damit von Experten auch dieses Mal in Frage gestellt.

Am Mittwoch zählten Tech-Werte wie am Vorabend in den USA auch in Europa zu den grössten Gewinnern. Dem Sektor zugerechnet werden in der Dax-Indexfamilie unter anderem diverse Online-Werte. Wurden diese während der Pandemie als Profiteure gehandelt, ist ihnen dieser Status in den vergangenen Monaten in Zeiten steigender Zinsen und aus Sorge um ihr Wachstum aberkannt worden. Am Mittwoch jedoch gab es aus der Branche vermehrt positive Nachrichten.

Der Anstieg von Hellofresh und Delivery Hero um jeweils etwa 7 Prozent wurde mit Branchenfantasie im Lebensmittel-Lieferbereich in Zusammenhang gebracht. Die Titel des britischen Anbieters Just Eat Takeaway schnellten in London um 19 Prozent hoch wegen einem Deal mit Amazon , durch den Prime-Kunden ein Jahr lang kostenlos die Dienste der Just-Eat-Tochter Grubhub nutzen können.

Noch deutlicher um elf Prozent ging es unter den Online-Werten für die Shop Apotheke nach oben. Die Titel setzten damit eine Erholungsrally vom Vortag fort, während sie von der Baader Bank auf eine Liste der "Top Stock Ideas" aufgenommen wurden. Nächster im Online-Bunde waren die Titel von Auto1 mit einem Kurssprung um zehn Prozent. Verwiesen wurde bei dem Online-Gebrauchtwagenhändler auf eine Kooperation mit dem Autobauer Ford.

Am Dax-Ende standen die Anteilsscheine von Adidas nach einem skeptischen Analystenkommentar von Hauck Aufhäuser Investment Banking. Ihre Kursverluste konnten die Papiere des Sportartikelkonzerns aber zuletzt auf ein halbes Prozent reduzieren. Analyst Christian Salis sieht die Jahresziele wegen der Konsumflaute und Margendruck in Gefahr und drehte seine bisherige Kaufempfehlung in das Gegenteil um.

Nach den jüngsten Kurseinbrüchen blieben auch die Aktien von Uniper im Blick. Der Energiekonzern kann zwar in seiner Schieflage wegen sinkender Gasflüsse aus Russland auf staatliche Hilfe hoffen, Anleger blieben aber sehr nervös. Zeitweise nochmals um fast 9 Prozent in Richtung Rekordtief gefallen, holten sie die Verluste zuletzt auf. Es gelang der Dreh ins Plus mit 1,3 Prozent.

Der Euro kostete am Mittwoch so wenig wie zuletzt Ende 2002, zuletzt wurden 1,0183 US-Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstag auf 1,0290 Dollar festgesetzt.

Die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen fiel von 1,14 Prozent am Vortag auf 1,05 Prozent. Der Rentenindex Rex dagegen stieg um 0,46 Prozent auf 134,99 Punkte. Der Bund-Future legte 1,03 Prozent auf 152,53 Zähler zu./tih/mis

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---