FRANKFURT (awp international) - Die Sorge vor einer geldpolitischen Straffung durch die US-Notenbank noch im laufenden Jahr hat den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag belastet. Zudem wächst die Verunsicherung angesichts der grassierenden Delta-Variante des Coronavirus.

Der Dax büsste kurz nach dem Handelsstart 1,39 Prozent auf 15 744,04 Punkte ein. Die runde Marke von 16 000 Punkten, die der deutsche Leitindex am Freitag erstmals übersprungen hatte, rückt damit wieder etwas weiter weg. Der MDax , der tags zuvor auf Rekordhoch gestiegen war, gab um 1,18 Prozent auf 35 587,33 Punkte nach. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,43 Prozent auf 4129,59 Zähler.

Wie aus dem am Mittwochabend veröffentlichten Protokoll der jüngsten Fed-Sitzung hervorgeht, zeigten sich die Mitglieder der Notenbank zwar uneins mit Blick darauf, wann die konjunkturstützenden Anleihekäufe reduziert werden sollten. Mehrheitlich aber wurde die Auffassung vertreten, noch 2021 zu beginnen.

Börsianer befürchten, dass eine Reduzierung der Käufe die Aktienmärkte unter Druck setzen könnte, weil den Märkten damit Liquidität entzogen werde und zudem andere Anlageklassen wie etwa Anleihen an Attraktivität gewinnen könnten. Ob die Fed nun aber erst gegen Ende des Jahres beginne oder im ersten Quartal 2022 sei letztlich kaum von Bedeutung, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Broker Oanda.

Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt zählten erneut die Aktien der Autohersteller und -zulieferer zu den grössten Verlierern. Sie gaben den vierten Tag in Folge nach. Wie die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei" berichtet, will Toyota seine weltweite September-Produktion verglichen mit den ursprünglichen Plänen deutlich zurückfahren. Grund sei die fortgesetzte Knappheit bei Halbleitern. Der Ausbruch der Delta-Variante des Corona-Virus in Asien belaste die Beschaffung von Autoteilen des weltgrössten Fahrzeugherstellers, hiess es.

Die Aktien von BMW , Volkswagen und Daimler büssten zwischen 2,1 und 2,3 Prozent ein. Zulieferer Continental gaben als Dax-Schlusslicht um 2,5 Prozent nach.

Infineon gaben um 2,4 Prozent nach und litten wie bereits andere Chiphersteller in Asien ebenfalls unter Aussagen zu Lieferengpässen. So hob am Vorabend der US-Netzwerkspezialisten Cisco zur Vorlage seiner Quartalszahlen mit Blick auf das restliche Jahr Lieferengpässe hervor und auch der Entwickler von Graphikprozessoren Nvidia verwies auf eine weiterhin angespannte Angebotslage für Bauteile.

Stahlunternehmen wie Salzgitter , Thyssenkrupp oder der Stahlhändler Klöckner & Co wurden von weiter fallenden Preisen für Eisenerz belastet. Die chinesische Regierung hatte zuvor versichert, die Stahlproduktion verringern zu wollen. Thyssenkrupp sackten mit minus 2,7 Prozent an das Ende des MDax. Im Nebenwerte-Index SDax büssten KlöCo 2,4 Prozent ein und Salzgitter 2,2 Prozent.

Die Lanxess -Aktie indes war Favoritin im MDax mit einem Plus von einem halben Prozent auf 59 Euro. Sie profitierte von einer Kaufempfehlung der US-Investmentbank Goldman Sachs, die bisher zum Verkauf geraten hatte. Das Kursziel hob Analystin Georgina Iwamoto auf 72 Euro an. Nachlassender Druck durch eine Entspannung bei den Rohstoffkosten sowie bei Zulieferer-Engpässen sollten der Gewinnentwicklung von Lanxess Schwung verleihen, so Iwamoto. Zudem gebe es mittelfristig einige potenzielle Kurstreibe wie etwa das Lithium-Projekt in den USA, die Elektrolyt-Herstellung für Lithium-Ionen-Batterien, operative Verbesserungen bei der Tochter Rhein Chemie oder deren Verkauf.

Nur geringe Reaktionen gab es bei Hella mit minus 0,2 Prozent nach der Vorlage endgültiger Zahlen und des Ausblicks auf das neue Geschäftsjahr. Der vor der Übernahme durch den französischen Autozulieferer Faurecia stehende Scheinwerferspezialist äusserte sich verhalten optimistisch. Quartalszahlen legte zudem der Online-Modehändler Global Fashion Group vor, der auch seinen Ausblick bestätigte. Diese Aktie verlor im SDax zuletzt 0,9 Prozent./ck/mis