FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Mit der fehlenden Richtung am Aktienmarkt fehlt auch der klare Trend im ETF-
Handel, mal wird gekauft, mal verkauft. Viel um geht derzeit in Anleihen. Hier
finden auch ESG-Anleihen immer mehr Zuspruch.
12. Mai 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Angst vor einer zweiten
Infektionswelle versus Hoffnungen, die Pandemie einigermaßen in den Griff
bekommen zu haben: Corona gibt weiter den Takt vor. Der DAX bewegt sich schon
seit über einem Monat zwischen 10.300 und 11.000 Punkten, mit allenfalls
leichter Tendenz nach oben. Am Dienstagmorgen liegt der Index bei 10.863
Punkten.
Das bestimmt auch den ETF-Handel. Je nach Tagestrend kaufen oder verkaufen
Anleger. Am gestrigen Montag dominierten die Sorgen, die Abgaben überwogen, wie
Carsten Schröder von der Société Générale feststellt. So trennten sich Anleger
von S&P 500-ETFs von Amundi (WKN A2H573) oder Lyxor (WKN LYX0FS) sowie MSCI
Japan- (WKN A0YEDV) und FTSE China-Trackern (WKN A2PB5V). Das Handelsaufkommen
hat sich nach den extremen Spitzen im März und April normalisiert, fasst
Schröder zusammen.
Auf Wochensicht verzeichneten die "Klassiker" die höchsten Umsätze, also DAX-
(WKN 593393, DBX1DA), Euro Stoxx 50- (WKN 593395), Stoxx Europe 600- (WKN
263530), MSCI World- (WKN A0RPWH), S&P 500- (WKN A0YEDG) und Nasdaq-ETFs (WKN
A0F5UF, 801498), wie die Umsatzliste der Börse Frankfurt zeigt. Viel wird auch
weiterhin mit Short-ETFs gehandelt, vor allem dem Xtrackers Short DAX Daily
Swap (WKN DBX1DS) und dem Xtrackers ShortDAX x2 Daily Swap (WKN DBX0BY).
Kräftige Verluste für Öl-/Gas- und Banken-ETFs
Rege gehandelt werden unverändert Aktien aus der Öl- und Gasbranche, meist mit
dem iShares Stoxx Europe 600 Oil & Gas (WKN A0H08M). Zwar haben die Ölpreise
die Tiefs vom April hinter sich gelassen, liegen aber immer noch auf extrem
niedrigem Niveau. Daher brachte der iShares Stoxx Europe Oil & Gas Anlegern
seit Jahresanfang ein Minus von 33 Prozent.
Auch Banken-ETFs werden wieder viel gekauft und verkauft, etwa der iShares Euro
Stoxx Banks (WKN 628930). Der hat sich nach dem Corona-bedingten Einbruch im
März noch gar nicht erholen können. Anleger sitzen seit Jahresanfang auf
Verlusten von 45 Prozent.
Anleihe-ETFs rege gehandelt
Auffällig hoch ist derzeit das Interesse an Anleihen-ETFs: Der iShares US-
Dollar Treasury Bond 7-10yr (WKN A0LGP4) und der iShares Core Euro Govt Bond
(WKN A0RL83) belegen auf der Umsatzliste der Börse Frankfurt für die
vergangenen fünf Handelstage die ungewohnt hohen Plätze zwei und drei. Schröder
berichtet von Käufen des Lyxor Euro Government Bond (WKN LYX0XK), des Lyxor
Euro Corporate Bond (WKN LYX0Z4) und des Xtrackers II ESG Euro Corporate Bond
(WKN DBX0E8) mit Nachhaltigkeitsfokus. Aus den Portfolios flogen hingegen der
Geldmarkt-ETF Lyxor Smart Overnight Return (WKN LYX0UV) und der EM-
Staatsanleihen-ETF Lyxor iBoxx USD Liquid Emerging Markets Sovereign (WKN
LYX0Y5).
Anleihen-ETFs: ESG-Fokus gefragt
Der Trend hin zu ESG-Anlagen macht sich auch im Anleihe-Segment bemerkbar. Die
Zahl der Produkte steigt und steigt, liegt aber weiter deutlich hinter der von
Aktien-ETFs unter Beachtung der Nachhaltigkeitskriterien: Während an der Börse
Frankfurt mittlerweile 117 ETFs mit solchen Filtern gehandelt werden, sind es
31 Anleihe-ETFs 31, die meisten davon mit Unternehmensanleihen.
Das Angebot deckt bereits ein breites Spektrum ab von europäischen über US-
amerikanischen, globalen und Emerging Markets-Anleihen bis hin zu gemischten
Portfolios unterschiedlicher Laufzeiten. Einige ETFs tracken konkret Green
Bonds, also Bonds, die zur Finanzierung von Umwelt- und Klimaprojekten
aufgelegt werden.
"ESG-Bewertung von Staatsanleihen heikel"
Nach Ansicht von Jose Garcia Zarate von Morningstar ist die Frage der ESG-
Bewertung von Staatsanleihen weiter heikel. Die meisten ESG-relevanten
Bewertungen von Staaten als Anleiheemittenten konzentrierten sich auf soziale
und makroökonomische Indikatoren, etwa die Daten zum Arbeitsmarkt,
Bildungssystemen oder sozialer Mobilität. "Solche Ansätze sind bei Emerging
Markets vielversprechender als bei entwickelten Märkten, auch weil die
Unterschiede und Disparitäten zwischen den einzelnen Emerging Markets sehr viel
größer sind als in den entwickelten Märkten."
Schwierig sei die Implementierung von ESG-Strategien bei Staatsanleihen auch,
weil hier die Abweichungen zum globalen Rentenmarkt sehr groß sein können. Wer
also den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klima-Abkommen mit einem Ausschluss
von US-Anleihen quittieren wolle, müsse sich vom größten und liquidesten
Rentenmarkt der Welt verabschieden. "Solche Entscheidungen sind, vor allem für
institutionelle Investoren, nicht trivial."
von: Anna-Maria Borse
12. Mai 2020, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)