Frankfurt (Reuters) - Die niedrigste Inflationsrate seit zweieinhalb Jahren hat die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen an den europäischen Aktienmärkten genährt und damit die Kurse beflügelt.

Der Dax überwand nachhaltig die psychologisch wichtige 16.000er Marke und legte 1,1 Prozent auf 16.174 Punkte zu. Damit stand er so hoch wie seit vier Monaten nicht mehr. Der EuroStoxx50 kletterte um 0,7 Prozent auf 4378 Zähler.

Die Teuerung fiel im November auf 3,2 Prozent nach 3,8 Prozent im Oktober und damit auf den niedrigsten Stand seit Juni 2021. Der Rückgang fällt überraschend stark aus: Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang auf 3,5 Prozent gerechnet. "Die EZB wird in Zukunft zunehmend unter Druck geraten, die Zinsen zu senken", sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital. Das sieht auch Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners ähnlich: "Wenn die morgen veröffentlichte Inflationsrate für die gesamte Euro-Zone in einen ähnlichen Bereich fällt, werden die Diskussionen über den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung noch lauter und lebhafter werden."

FED-VERTRETER SCHÜREN HOFFNUNG AN DER WALL STREET

Auch an der Wall Street hellten Zinssenkungshoffnungen die Stimmung auf. Die wichtigsten Futures notierten daraufhin im Plus. Fed-Vertreter Christopher Waller hatte am Dienstag mögliche Zinssenkungen der US-Notenbank innerhalb weniger Monate angedeutet, sofern die Fortschritte bei der Senkung der Inflation anhalten. "Das war das erste Mal, dass ein Vertreter der Fed über die Möglichkeit einer Lockerung sprach", sagte Charalampos Pissouros, Analyst beim Broker XM. An den Terminmärkten nahmen die Wetten auf eine erste Senkung im März 2024 zu. Außerdem fiel die Rendite der zweijährigen US-Staatsanleihe, die besonders sensibel auf mögliche Veränderungen der Geldpolitik reagiert, mit zeitweise 4,664 Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Monaten.

Auf dem Rohölmarkt zogen die Preise einen Tag vor dem wichtigen Treffen der Opec+-Gruppe rund 1,5 Prozent an. Die Nordseesorte Brent1 stand dabei bei 82,85 Dollar pro Barrel. US-Leichtöl WTI notierte bei 77,68 Dollar pro Barrel. Die Gespräche der Förderstaaten am Donnerstag dürften schwierig werden, eine Verlängerung der vorherigen Vereinbarungen sei wahrscheinlicher als eine Ausweitung der Produktionskürzungen, sagten vier Personen aus dem Umfeld der Organisation. Preistreibend wirkten Spekulationen auf kurzfristige Versorgungsengpässe, nachdem ein schwerer Sturm in der Schwarzmeerregion für Lieferunterbrechungen sorgte. Auch der jüngste Dollar-Rückgang half den Rohstoffkursen.

Auf Unternehmensseite rutschten bei den Nebenwerten die Aktien von Aroundtown um bis zu elf Prozent ab, grenzten ihr Minus anschließend aber auf rund sechs Prozent ein. Der Immobilieninvestor hat infolge von Veräußerungen und höheren Zinsen in den ersten neun Monaten weniger verdient.

Anleger von Borussia Dortmund feierten hingegen den Einzug ins Achtelfinale in der Fußball-Champions-League. Die Titel des deutschen Vizemeisters hoben um knapp acht Prozent ab. Das Weiterkommen in die K.o.-Runde sichert dem BVB eine Summe von 9,6 Millionen Euro.

An der Amsterdamer Börse tauchten die Aktien von Philips um mehr als fünf Prozent ab. Hintergrund ist eine Warnung der Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde in den USA (FDA) vor dem Einsatz von Schlafapnoe-Geräten.

(Bericht von Nette Nöstlinger und Anika Ross, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)