Frankfurt (Reuters) - Die Ungewissheit über den weiteren Kurs der Notenbanken in den USA und der Euro-Zone hat die europäischen Aktienmärkte am Donnerstag ausgebremst.

Der Dax notierte vor dem Zinsbeschluss der EZB und den am Nachmittag anstehenden US-Inflationsdaten leicht im Plus bei 15.606 Zählern. Der EuroStoxx50 kam ebenfalls kaum vom Fleck. Anleger fürchten, dass die Notenbanken schneller als bislang erwartet ihre ultralockere Geldpolitik drosseln könnten, sollte die zuletzt anziehende Teuerung weiter steigen.

Das Thema beschäftige die Anleger seit Wochen, konstatiert Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. Experten rechnen damit, dass die US-Inflationsdaten (CPI) für Mai erneut einen kräftigen Anstieg zeigen - Börsianer rechnen mit 4,7 Prozent nach 4,2 Prozent im April. "Eine hohe Mai-Inflation ist an den Börsen bereits eingepreist", sagt Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Sollte am Ende jedoch eine Fünf vor dem Komma stehen, könnte dies durchaus zu Panik führen, prognostiziert der Portfolio-Manager.

ANLEGER BLICKEN MIT ARGUSAUGEN AUF DIE FED

Anleger klopfen US-Daten derzeit auf Hinweise ab, wann die US-Notenbank damit beginnen könnte, den Geldhahn zuzudrehen und die Zinsen anzuheben. Die Fed greift der von der Corona-Krise gebeutelten US-Wirtschaft zur Zeit mit monatlichen Anleihekäufen im Volumen von 120 Milliarden Dollar unter die Arme. Sie will daran so lange festhalten, bis erhebliche Fortschritte bei der Preisstabilität und bei der Arbeitslosigkeit erreicht sind. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist Mitte Juni geplant.

Neben der FED standen am Donnerstag auch die geldpolitischen Beratungen der EZB im Fokus: Volkswirte gehen davon aus, dass die Euro-Wächter auf der Zinssitzung beschließen werden, trotz der einsetzenden Konjunkturerholung und der anziehenden Inflation ihre Geldschleusen weit offen zu lassen. Erwartet wird, dass sie das Kauftempo ihres großen Krisen-Anleihenkaufprogramms PEPP erst einmal beibehalten, um günstige Finanzierungsbedingungen im Euro-Raum zu sichern.

Auch an den Zinsen wird EZB-Präsidentin Christine Lagarde wohl nicht rütteln. Damit gebe es dann auch keinen Grund für Eurostärke, heißt es in einem Kommentar der Commerzbank. Die EZB werde sich im Gegensatz zu anderen Zentralbanken erst einmal unverändert expansiv präsentieren. Der Euro gab mit 1,2161 Dollar leicht nach. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen lag bei minus 0,234 Prozent nach minus 0,249 Prozent am Ende des Vortages.

Der Zinsbeschluss wird um 13.45 Uhr (MESZ) veröffentlicht. Lagarde wird ihn dann ab 14.30 Uhr auf einer Pressekonferenz erläutern.

GEWINNMITNAHMEN BELASTEN AUTOWERTE

Unter den Einzelwerten im Dax hatten Autowerte das Nachsehen. Gewinnmitnahmen drückten BMW und Volkswagen 1,2 beziehungsweise 0,8 Prozent ins Minus. Seit Jahresbeginn haben die Titel rund 30 beziehungsweise 50 Prozent zugelegt. Der Index für den europäischen Autosektor gab zeitweise 1,4 Prozent nach.

Im MDax zündeten Aixtron ein Kursfeuerwerk, nachdem der Chipanlagenbauer am Mittwoch kurz vor Börsenschluss seine Jahresprognose angehoben hatte. Die Titel stiegen in der Spitze um 16,3 Prozent auf 21,34 Euro und waren damit so teuer wie seit zehn Jahren nicht mehr. Am Mittwoch hatten sie bereits 7,8 Prozent zugelegt.

Für Gesprächsstoff sorgte zudem die Achterbahnfahrt von Windeln.de. Nach der jüngsten Rally kamen die Aktien des Online-Babyausstatters deutlich unter die Räder. Sie verloren bis zu 31 Prozent auf 2,96 Euro. Am Mittwoch hatten sie zeitweise noch rund sieben Euro gekostet, Ende vergangener Woche weniger als einen Euro. Ein Börsianer verwies neben Gewinnmitnahmen auf eine Mitteilung der BaFin, wonach die Finanzaufsicht zur Vorsicht beim Aufruf von Aktienkäufen bei Windeln.de rät. "Häufig dienen Chat-Gruppen in sozialen Netzwerken lediglich dazu, Anleger zum Kauf von bestimmten Aktien zu verleiten, damit die Absender von steigenden Kursen dieser Aktien profitieren", hieß es auf der Website.