Frankfurt (Reuters) - Die Achterbahnfahrt der Finanzmärkte geht weiter: Die Furcht vor einem Rückschlag für die Weltwirtschaft durch die neu entdeckte Omikron-Variante des Coronavirus setzte den europäischen Börsen am Donnerstag erneut zu.

Dax und EuroStoxx50 fielen um jeweils etwa eineinhalb Prozent auf 15.245 beziehungsweise 4108 Punkte und gaben damit mehr als die Hälfte ihrer Kursgewinne vom Mittwoch wieder ab. Bei den als sicher geltenden Bundesanleihen griffen Investoren dagegen wieder zu und drückten die Rendite der zehnjährigen Titel auf minus 0,379 Prozent. "So lange noch vieles rund um Omikron unbekannt ist, wird es weiterhin einen Tag aufwärts und den nächsten wieder abwärts gehen", prognostizierte Analyst David Madden vom Brokerhaus Equiti Capital.

Verschärft werde die Nervosität der Anleger von Hinweisen auf eine beschleunigte Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank, sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. Die Fed stehe bei ihren Beratungen Mitte Dezember vor einer schwierigen Aufgabe, gab Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade zu bedenken. Einerseits könnte die Wirtschaft weitere Hilfen benötigen, um mögliche Folgen der Omikron-Variante abzufedern. Andererseits müsse die Inflation bekämpft werden.

Vor diesem Hintergrund warteten Börsianer gespannt auf die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag, von denen sie sich Rückschlüsse auf die Fed-Politik versprachen. Experten sagten für November den Aufbau von 550.000 neuen Stellen außerhalb der US-Landwirtschaft voraus.

ANLEGER FIEBERN OPEC+-ENTSCHEID ENTGEGEN

Auch am Rohölmarkt war die Nervosität hoch. Wegen der Unsicherheit um Omikron und dadurch ausgelösten Preisverfalls waren Börsianer zunächst sicher, dass die "Opec+", zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, bei ihren Beratungen eine Pause bei der Ausweitung der Produktionsmengen beschließen wird. Insidern zufolge neigt die Gruppe aber dazu, die Quoten wie geplant im Januar um weitere 400.000 Barrel pro Tag anzuheben. Im Gespräch sei auch ein halb so hoher Zuwachs. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee gab daraufhin ihre anfänglichen Gewinne ab und notierte kaum verändert bei 68,85 Dollar je Barrel (159 Liter).

Unterdessen blieb die türkische Lira unter Druck. Im Gegenzug verteuerten sich Dollar und Euro auf 13,42 beziehungsweise 15,3214 Lira und lagen in Schlagdistanz zu ihren jüngsten Rekordhochs. Investoren könnten die Entlassung des Finanzministers Lütfi Elvan durch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als Ausmusterung eines der letzten Vertreter einer stabilitätsorientierten Politik werten, sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. "Setzt sich diese Sichtweise durch, würde aus Marktsicht noch klarer, dass kein Wechsel in der Politik zu erwarten ist, die bislang die Lira so deutlich schwächte."

CHIPSEKTOR NACH BERICHT ZU IPHONE-NACHFRAGE UNTER DRUCK

Am Aktienmarkt flogen Chipwerte aus den Depots. Der europäischen Branchenindex rutschte um vier Prozent ab. Einem Medienbericht zufolge teilte Apple seinen Lieferanten mit, dass sich die Nachfrage nach dem iPhone 13 verlangsamt habe. Die Titel der europäischen Zulieferer IQE und AMS rutschten daraufhin um bis zu fünf Prozent ab. Apple-Papiere gaben im vorbörslichen US-Geschäft gut drei Prozent nach.

Gefragt waren dagegen die Titel von Halfords, die sich in London um bis zu sieben Prozent verteuerten. Der Fahrrad- und Autohändler übernimmt die Autoreifen- und Reparaturkette Axle für umgerechnet 73 Millionen Euro. Das sei ein mutiger Schritt, der die Ertragskraft verbessere, lobte Analyst Adam Tomlinson von der Investmentbank Liberum.