Die Furcht der Anleger vor den diesjährigen Wahlen, die in 69 Tagen stattfinden, scheint jedoch eine ganz andere Dimension zu besitzen. Nach dem Brexit und Trump hat der Spruch „Aller guten Dinge sind drei“ angesichts des Aufstiegs rechts- und linkspopulistischer Parteien durchaus seine Berechtigung.
 
Diese schleichende Angst zeigt sich auch nach außen: Als F. Bayrou, der Bürgermeister von Pau, Emmanuel Macron in einem Interview vor 2 Tagen um 16:30 Uhr ein „Bündnis“ vorschlug, führte dies beim französischen Leitindex CAC 40, bei den französischen Staatsanleihen, beim DAX und beim Euro zu starken Schwankungen (CAC: bis zu 1 %, EUR/USD: 50 Basispunkte). Nachweis des kausalen Zusammenhangs: Innerhalb desselben Zeitraums blieben die US-Märkte unbeeindruckt.
 
Grafische Veranschaulichung dieser Realität, die man als „Stressbeginn“ bezeichnen kann: die negative Performance des CAC 40 (weiß) gegenüber dem DAX (gelb) und dem Dow Jones (violett).



Der Zinsunterschied zwischen zehnjährigen französischen und deutschen Staatsanleihen ist aufgrund der Arbitrage zugunsten der Bundesanleihen auf 0,70 % gestiegen.



Auf die Beunruhigung der durch die Wahl von Trump bereits traumatisierten Briten im Hinblick auf eine mögliche Wahl von Marine Le Pen lautet die Antwort Nein. Ein Sieg von Marine Le Pen ist in der aktuellen politischen Bündnislandschaft nicht möglich. Das französische Wahlsystem ist anders: Ein französischer Präsidentschaftskandidat kann (anders als bei den letzten US-Wahlen im November) beim zweiten Wahlgang nicht gewinnen, obwohl er zwei Millionen Stimmen weniger als sein Gegner hat.
 
Allerdings gibt es möglicherweise ein neues Szenario durch eine unerwartete transversale „Konstellation“. Diese würde durch eine Allianz zwischen dem Sozialisten Benoit Hamon und dem sehr weit links situierten Jean-Luc Mélenchon zustande kommen. Eine solche Allianz müsste allerdings von der Wählerbasis dieser beiden Kandidaten gewollt und mitgetragen werden. Falls eine Einigung zustande kommt, wird das Denkmodell einer Endrunde zwischen Hamon (Mélenchon) & Le Pen sehr wahrscheinlich, auch wenn die Umfragewerte nicht aktuell ganz sicher sind.
 
Mit dem Anhänger der Magie des Keynes’schen Multiplikators, der die Umsetzung seines Programmes mit einer Gruppe von Kommunisten vornehmen würde (Neuauflage vom Mai 1981 in einem heute allerdings noch stärker globalisierten Markt), auf der einen Seite und einem Befürworter des Frexit (Brexit hoch 10, weil damit auch ein €xit verbunden wäre) auf der anderen Seite hat der Anleger praktisch die Wahl zwischen Pest und Cholera.
 
Die Ankündigung eines Bündnisses zwischen Hamon und Mélenchon würde beim CAC 40 und bei Futures auf französische Staatsanleihen zu einem starken Einbruch führen und den Stress bei den Anlegern deutlich erhöhen. Eine Endrunde zwischen Hamon (Mélenchon) & Le Pen würde diesen Effekt noch verstärken. Zur Erinnerung: Im Anschluss an die Wahl von François Mitterand am 12. Mai 1981 verlor der CAC 40 in den beiden darauffolgenden Tagen insgesamt 25 %.
 
Sollte hingegen kein „populistischer“ Kandidat die Wahl gewinnen, könnte der französische Markt eine attraktive Renditechance bieten. Wenn man nach unseren Ratings geht, ist der französische Markt – wenn man die bevorstehende Wahl außen vorlässt und nur rein die Zahlen betrachtet – bereits jetzt attraktiver als der deutsche (DAX 30) oder der amerikanische (S&P 500) Markt.