Die steigenden Neuinfektionen in den USA schürten vor dem Wochenende die Furcht an den Börsen, dass die Konjunkturerholung schleppender ausfallen könnte als bislang erhofft. Der Dax rutschte unter die psychologisch wichtige Marke von 13.000 Punkten.

Aus dem Handel ging der deutsche Leitindex am Freitag zwei Prozent tiefer bei 12.838 Punkten, der EuroStoxx50 tauchte ebenfalls um rund 1,8 Prozent ab. Auch die US-Börsen legten den Rückwärtsgang ein. "Die Arbeitsmarktdaten aus den USA deuten nicht darauf hin, dass es zu einer steilen, V-förmigen Erholung der US-Wirtschaft kommt", sagte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. Da wirke es umso negativer, dass das mittlerweile fünfte Konjunkturpaket in den USA erst einmal nicht verabschiedet werden konnte, weil es Streit über die genaue Ausgestaltung gegeben haben solle. Die wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenhilfe waren erstmals seit rund vier Monaten wieder angestiegen, Ökonomen hatten mit einer Stagnation gerechnet.

Auch zwischen China und den USA verschärfen sich die Spannungen. Börsianer fürchten, dass sich der Streit um gegenseitig geschlossene Konsulate hochschaukelt und Teile des Handelsabkommens zurückgenommen werden könnten. "Eine Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China, die enorme negative Auswirkungen auf den Börsenaufschwung haben könnte, insbesondere im Umfeld der US-Tech-Giganten, ist besorgniserregend", sagte Stephen Innes, Chefstratege beim Brokerhaus AxiCorp. In Europa gehörten Technologiewerte zu den größten Verlieren: Aktien von Infineon und SAP verloren jeweils rund vier Prozent. ASML-Aktien gaben 5,3 Prozent nach. Dem Sektor machte auch zu schaffen, dass der US-Chipgigant Intel bei der Entwicklung einer neuen Generation von Prozessoren sechs Monate hinterherhinkt. Die Aktie stürzte an der Wall Street mehr als fünfzehn Prozent ab.

GOLD ÜBERSPRINGT ERSTMALS SEIT 2011 MARKE VON 1900 DOLLAR

Auch der Dollar geriet unter Druck, der Euro stieg im Gegenzug um 0,3 Prozent auf 1,1633 Dollar. Für gute Stimmung sorgten die jüngsten Einkaufsmanagerdaten: Die Wirtschaft in der Euro-Zone wuchs im Juni stärker als erwartet; der Markit-Einkaufsmanagerindex stieg überraschend stark auf 54,8 Punkte und lag damit deutlich über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. "Derzeit sieht es so aus, als ob die Wirtschaft der Euro-Zone wieder auf Kurs ist, aber die Zeit muss zeigen, ob dieser Optimismus und diese Erholung vorübergehend sind, oder ob mehr dahinter steckt", sagte Naeem Aslam, Chefanalyst beim Brokerhaus Avatrade.

Gefragt blieb das in Krisenzeiten begehrte Gold: Eine Feinunze (31 Gramm) kostete erstmals seit September 2011 mehr als 1900 Dollar. Mit 1905 Dollar lag es nur noch rund 15 Dollar unter seinem Rekordhoch. Börsianer sprachen davon, dass neben dem schwachen Dollar auch steigende Inflationserwartungen die Kurse trieben. Weil die Wirtschaft nur schleppend in Gang komme, dürfte es weitere Hilfspakete geben, sagte Ilya Spivak, Währungsstratege beim Finanzdienstleister DailyFX.

An der Pariser Börse verschreckte der französische Rüstungskonzern Thales die Aktionäre mit einer Kappung seiner Jahresziele. Die Aktien gaben 6,3 Prozent nach. Thales-Chef Patrice Caine sagte, vor allem die Sparte für zivile Produkte wie Flugzeugteile stehe unter Druck.