--Beschäftigter verkaufte kurz vor Wirecard-Insolvenz

--Politiker wollen schärfere Regeln

--Untersuchungsausschuss berät am Donnerstag

--Austausch der Behördenspitze gefordert

(NEU: Reaktionen)

Von Matthias Goldschmidt und Andreas Kißler

FRANKFURT/BERLIN (Dow Jones)--Der Handel von Wirecard-Papieren kurz vor der Insolvenz des Zahlungsdienstleisters könnte einem Mitarbeiter der Finanzaufsicht Bafin zum Verhängnis werden. Wie die Behörde mitteilte, hat sie einen Mitarbeiter wegen Verdachts des Insiderhandels bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt. Oppositionspolitiker aus dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages begrüßten den Schritt.

Der Beschäftigte habe am 17. Juni 2020 strukturierte Produkte mit dem Basiswert Wirecard AG verkauft, so die Bafin. Einen Tag später musste der damals im DAX notierte Konzern öffentlich eingestehen, dass Bankguthaben über 1,9 Milliarden Euro wohl nicht existierten. In der darauffolgenden Woche später meldete Wirecard Insolvenz an.

Die Bafin hatte den Verdacht im Rahmen ihrer Sonderauswertung entdeckt. Sie hat den Beschäftigten sofort freigestellt und ein Disziplinarverfahren eröffnet.

Mitte Oktober hatte die Bafin die Compliance-Regeln für private Wertpapiergeschäfte verschärft. Spekulative Finanzgeschäfte, also das kurzfristige Handeln beispielsweise mit derivativen Finanzinstrumenten oder Aktien, sind seitdem nicht mehr möglich.


   Politiker wollen schärfere Regeln 

Mitglieder des Wirecard-Untersuchungsausschusses, der am Donnerstag tagt, erneuerten aber ihre Forderungen nach weiteren neuen Regeln. "Endlich nimmt (die) Bafin den Mitarbeiter-Handel ernst und bringt Vergehen auch zur Anzeige", erklärte der Grünen-Finanzexperte Danyal Bayaz über den Kurznachrichtendienst Twitter. Dies sei "höchste Zeit" gewesen, und der Druck aus dem Untersuchungsausschuss habe da nicht geschadet. "Für die Zukunft brauchen wir Compliance-Regeln., die alleine schon den Verdacht von Interessenkonflikten ausschließen", forderte er.

Die Strafanzeige der Bafin strafe deren Chef Felix Hufeld und Vizechefin Elisabeth Roegele "selbst Lügen", erklärte Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi. "Herr Hufeld behauptete kürzlich noch, alles sei bei der Bafin korrekt gelaufen." Zudem bestehe weiterhin Handlungsbedarf, die strengeren Kriterien des Verhaltenskodex der EU-Kommission auf deutsche Behörden zu übertragen. "Auch für Ministerien und den Bundestag brauchen wir Regeln", verlangte De Masi.

Der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick, erklärte, es sei "gut und richtig", dass die Bafin endlich gegen möglichen Insiderhandel bei ihren eigenen Leuten konsequent vorgehe. "Aber wenn eine Behördenleitung immer erst massiven öffentlichen Druck braucht, um das Richtige zu tun, dann taugt sie nichts", meinte der frühere Grünen-Finanzsprecher. "Deswegen muss Olaf Scholz endlich durchgreifen, die Finanzaufsicht neu aufstellen und die Behördenspitze in Person von Felix Hufeld und Elisabeth Roegele austauschen."

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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January 28, 2021 06:39 ET (11:39 GMT)