Die Lufthansa teilte mit, von ihren 21 Zielflughäfen in den USA trotzdem noch die drei Knotenpunkte Chicago, Newark (New York) und Washington weiter zu bedienen. Wieviele der bis Ende März zuvor geplanten 313 wöchentlichen Verbindungen ausfallen, blieb offen. Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines arbeiteten an einem Sonderflugplan. "Das Einreiseverbot in die USA trifft die Lufthansa besonders hart", sagte der Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Er kündigte ein Krisentreffen mit der Branche und den Gewerkschaften für Montag an. Nach Angaben des Flugdatenspezialisten OAG ist die Lufthansa nach den US-Airlines Delta und United drittgrößter Anbieter der fast 6800 Transatlantik-Flüge, die in den kommenden vier Wochen geplant waren.

US-Präsident Donald Trump verhängte einen Einreisestopp über Bürger aus EU-Ländern, Norwegen, Island und der Schweiz für 30 Tage. Die überraschende Maßnahme im Kampf gegen die Pandemie, die laut OAG elf Prozent aller internationalen Flüge betrifft, gilt von Freitag an ab Mitternacht. An der Börse brachen europäische Airline-Aktien, die seit Jahresbeginn schon mehr als ein Drittel an Wert einbüßten, weiter ein. Der Dax sackte um zwölf Prozent ab, der US-Leitindex Dow Jones um fast zehn Prozent. Trump erklärte später, die Einreisesperre für Europäer könnte verlängert oder verkürzt werden. Er hoffe, die Verbindungen nach Europa sowie nach China könnten rasch wieder aufgenommen werden.

Transatlantikflüge seien mit einem Umsatzanteil von 20 bis 30 Prozent die wichtigste Gewinnquelle der großen europäischen Airlines, erklärte Neil Glynn, Analyst von Credit Suisse. Papiere von Lufthansa, Delta und United rauschten um mehr als 13 Prozent in die Tiefe. Aktien der ohnehin schon schwächelnden norwegischen Fluggesellschaft Norwegian Air Shuttle litten mit einem Minus von 20 Prozent noch stärker. Auch Aktien des britisch-spanischen Luftfahrtkonzerns IAG stürzten ab, obwohl Großbritannien vom Einreisestopp ausgenommen ist. Die Regierung in London mache einen "guten Job" im Kampf gegen Corona, begründete Trump seine Entscheidung.

AIRLINES FORDERN HILFE

Die EU missbilligte das Einreiseverbot. Es sei ohne Abstimmung mit den Europäern getroffen worden, erklärten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel. Der europäische Luftfahrtverband "Airlines for Europe" (A4E) forderte Unterstützung. "Es wird die europäischen Airlines Zeit und harte Arbeit kosten, sich von dem Schaden zu erholen, den der Ausbruch von Covid-19 verursacht hat", erklärte A4E. Zusätzliche Belastungen zum Klimaschutz wie neue Luftfahrtsteuern sollten verschoben werden. Die Coronavirus-Epidemie müsse außerdem als außerordentlicher Umstand gelten, damit keine Entschädigungen an Fluggäste fällig werden. Der internationale Airline-Verband IATA forderte ebenfalls von den Regierungen Kreditlinien und Steuererleichterungen, um die Fluggesellschaften zu stützen. "Ohne einen Rettungsring von den Regierungen kommt zum Gesundheitsnotstand obendrein noch eine Finanzkrise der Branche", warnte IATA-Generaldirektor Alexandre de Juniac. Luftfahrtkoordinator Jarzombek erklärte, staatliche Kredithilfen der Förderbank KfW und Bürgschaften könnten für die Luftfahrt bei Bedarf kurzfristig ausgeweitet und flexibler gewährt werden. Neben Lufthansa ist auch der Ferienflieger Condor von Flugbeschränkungen in die USA betroffen.

FLUGSTREICHUNGEN

Für die Lufthansa sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Auslandsmarkt außerhalb Europas. Bei den Netzwerk-Airlines Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines machen Transatlantikflüge nach Amerika ein Drittel des Umsatzes aus. Von Januar bis September waren das 5,4 Milliarden Euro. Die Flugbegleitergewerkschaft UFO, die nach harter Auseinandersetzung mit der Lufthansa um neue Tarifverträge ringt, erklärte: "Wir stehen jederzeit zur Verfügung, um hier auch sehr kurzfristig und unkonventionell mit dieser außergewöhnlichen Situation umzugehen." Die Lufthansa prüft bereits Kurzarbeit.

In die USA einreisen dürfen nur US-Bürger und Ausländer mit dauerhaftem Wohnsitz in den Vereinigten Staaten mit ihren engsten Angehörigen. Flüge sind noch zu US-Flughäfen mit strengen Ankunftskontrollen der Passagiere möglich. Air France KLM erklärte, zunächst sieben Zielflughäfen in den USA im Programm zu lassen und mit den US-Behörden über drei weitere im Gespräch zu sein. Norwegian Air Shuttle, größter Anbieter von Billigflügen aus Europa in die USA, streicht 4000 Flüge und schickt die Hälfte der Belegschaft vorübergehend nach Hause. 40 Prozent der Langstreckenflieger bleiben am Boden.

Die US-Airlines werde das "extrem hart" treffen, sagte der Präsident des amerikanischen Airline-Verbandes Nicholas Callio. Auch der Tourismus in den USA wird unter der Abschottung leiden. Der US-Reiseverband erklärte, im März vergangenen Jahres stammten 29 Prozent aller Reisenden und 3,4 Milliarden Dollar Umsatz aus Europa. "Das wird die ohnehin schon starken Auswirkungen des Coronavirus auf die Reisebranche und die 15,7 Millionen Amerikaner, deren Arbeitsplätze vom Reisen abhängen, noch verschärfen", erklärte der Präsident des US-Reiseverbands Roger Dow.