Frankfurt (Reuters) - Verunsichert von trüben Konjunkturaussichten und dem Rätselraten um das Zinstempo der Notenbanken sind Europas Anleger am Donnerstag in Deckung geblieben.

Der Dax verlor 0,2 Prozent auf 14.238 Punkte und der EuroStoxx50 war knapp im Minus bei 3918 Zählern. "Jeder wartet ab, was die Wirtschaftszahlen und die Sitzungen der Zentralbanken nächste Woche ergeben", sagte Robert Alster, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Close Brothers.

Die Mehrzahl der Marktteilnehmer geht immer noch davon aus, dass die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen um je 50 Basispunkte anheben und damit nicht mehr so stark wie bei den jüngsten Zinsentscheiden. Analysten zeigen sich allerdings vorsichtig. "Das Inflationsniveau in der Eurozone ist immer noch sehr hoch", sagte Camille de Courcel, Strategin bei der Bank BNP Paribas. Sie rechne zwar mit einer Zinserhöhung der EZB um 50 Basispunkte, aber es bestehe "immer noch das Risiko, dass sie eine 75-prozentige Erhöhung vornimmt".

ÖLPREISE ZIEHEN ERNEUT AN

Die Ölpreise stiegen in der Hoffnung, dass die Lockerung der strikten Corona-Maßnahmen in China die Nachfrage wiederbeleben wird. Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich um 1,6 Prozent auf 78,41 Dollar pro Barrel (159 Liter). Die leichte US-Sorte WTI sprang um 3,2 Prozent auf 74,29 Dollar pro Barrel. Auch die Aussicht auf ein verknapptes Angebot stützte die Preise. Bei der Überfahrt einiger mit russischem Öl beladener Tanker von Schwarzmeerhäfen zum Mittelmeer kommt es zu Verzögerungen. Rund 20 Schiffe stauen sich derzeit in türkischen Gewässern, was mit veränderten Versicherungsanforderungen nach Einführung des EU-Preisdeckels für russisches Öl zu tun hat. Die Warteschlangen deuteten darauf hin, dass "das verfügbare Angebot aus dem Schwarzen Meer bereits von der Strafmaßnahme betroffen ist", sagte Analyst Tamas Varga vom Ölmakler PVM. "In einem gesunden Wirtschaftsklima wäre eine solche Entwicklung gleichbedeutend damit, den Startschuss im Rennen zurück in Richtung 100 Dollar zu geben."

Am Aktienmarkt schlugen trübe Aussichten den Anlegern von British American Tobacco auf den Magen. Die Aktien verloren in London 2,7 Prozent. Der Zigarettenhersteller rechnet angesichts höherer Zinsen und eines starken US-Dollars mit steigenden Finanzierungskosten.

In Deutschland verloren die BMW-Aktien 2,1 Prozent. Die britische Wettbewerbsaufsicht CMA hat im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen möglicher Kartellrechtsverstöße in der Autobranche eine Strafe gegen den Luxusautobauer verhängt.

Für Aufsehen sorgte auch ein Kurssprung von 8,6 Prozent bei Aroundtown. Die Papiere des Immobilien-Unternehmens werden künftig im Auswahlindex EuroStoxx Select Dividend 30 vertreten sein, wie der Investmentinformationsanbieter Qontigo mitteilte.

(Bericht von Zuzanna Szymanska und Anika Ross, redigiert von Christina Amann. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)