Frankfurt (Reuters) - Vor der erwarteten Zinserhöhung der US-Notenbank sind die Anleger in Europa mit angezogener Handbremse unterwegs.

Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant EuroStoxx50 notierten am Mittwochvormittag 0,1 Prozent höher bei 15.136 und 4170 Punkten. Selbst der überraschend starke Rückgang der Teuerung im Euro-Raum konnte Investoren nicht aus der Reserve locken.

Im Vorfeld der am Donnerstag anstehenden Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) ging die Inflation mit 8,5 Prozent im Januar stärker als erwartet zurück, während die Arbeitslosenquote im Euro-Raum im Dezember bei 6,6 Prozent verharrte.

Experten erwarteten mit Blick auf den am Abend anstehenden Fed-Entscheid, dass der US-Leitzins angesichts der auch in den USA abebbenden Inflation nur noch um einen viertel Prozentpunkt angehoben wird - auf eine neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Anleger hoffen, dass damit der Zinsgipfel bald in Sichtweite kommt, den die Währungshüter jenseits der Fünf-Prozent-Marke verorten. Am Finanzmarkt werden deswegen vor allem die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell über das weitere geldpolitische Vorgehen der Währungshüter mit Spannung erwartet.

"An den Börsen wird noch immer mit ersten Zinssenkungen ab dem Spätsommer oder Herbst gerechnet", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. "Es ist gut möglich, dass Jerome Powell diesen Hoffnungen ein jähes Ende bereitet." Zudem hätten die US-Börsen am Dienstag bereits vorgefeiert. Damit habe die Fallhöhe noch einmal zugenommen. "Es wird für die Fed deutlich schwieriger, positiv zu überraschen als negativ zu überraschen."

HOFFNUNG AUF ZINSDROSSELUNGEN IN DEN USA DRÜCKEN DOLLAR

Angesichts der Hoffnung auf eine Drosselung der Zinserhöhungen in den USA ging der Dollar zurück. Die US-Währung verlor gegenüber einem Korb der wichtigsten Währungen um bis zu 0,2 Prozent. Im Gegenzug legte der Euro mit zeitweise 0,2 Prozent auf 1,09 Dollar zu. "Während die Fed-Vertreter darauf beharren, dass die Zinssätze noch einige Zeit hoch bleiben werden, glauben die Märkte ihnen einfach nicht", sagte Michael Hewson, Marktanalyst beim Online-Broker CMC Markets. Die Erwartung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Jahr stärker an der Zinsschraube drehen wird als die Fed, beflügelte den Euro. Steigende Zinsen machen Anlagen in der Euro-Zone für internationale Investoren attraktiver.

ZAHLEN SETZEN SOFTWARE AG UND HANNOVER RÜCK ZU

In Deutschland verschreckte die Senkung der Margenprognose für 2023 der Software AG die Anleger. Die Titel brachen um rund 14 Prozent ein. "Der Ausblick ist nicht überzeugend", sagte ein Händler. Nach unten ging es nach Zahlenvorlage auch bei der Hannover Rück. Die Aktien der weltweiten Nummer drei der Branche verloren bis zu 4,8 Prozent. In Wien setzten offene Fragen zum Zeitpunkt der Gewinnausschüttung sowie zum Russland-Geschäft trotz eines Rekordgewinns in Höhe von 3,63 Milliarden Euro die Raiffeisen Bank International unter Druck. Die Titel verloren zeitweise 3,4 Prozent.

Im Gegenzug stimmten angehobene Preise vor Beginn der Gartensaison die Anleger von Husqvarna optimistisch. Die Titel des schwedischen Gartengeräteherstellers zogen in der Spitze sieben Prozent an, nachdem die höheren Preise im Schlussquartal den Betriebsverlust verringert haben. Auch die spanische Bank BBVA konnte mit einem Gewinnsprung im vierten Quartal überzeugen. Hintergrund sind dem Geldhaus zufolge hohe Zinseinnahmen und florierenden Geschäfte auf dem Hauptmarkt Mexiko. Die Wertpapiere legten bis zu 2,5 Prozent zu.

(Bericht von Nette Nöstlinger, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)