Im Januar kamen mehr als eine halbe Million neuer Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie die Regierung in Washington am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten statt der vermeldeten 517.000 lediglich 185.000 neue Arbeitsplätze im Januar erwartet. "Die Zahlen zum Arbeitsmarkt werden die US-Notenbank Fed darin bestärken, weiter an der Zinsschraube zu drehen", sagte Helaba-Experte Ulrich Wortberg.

Der überraschend starke US-Stellenaufbau ließ vor diesem Hintergrund die Zinssorgen der Anleger an der Wall Street wieder hochkochen. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel um 1,2 Prozent auf 12.065 Punkte. Der breiter gefasste S&P 500 gab 0,7 Prozent auf 4152 Punkte nach. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte 0,2 Prozent niedriger bei 34.002 Punkten. "Wann immer wir diese großen Zahlen sehen, kommt die Angst vor der Fed mit aller Macht zurück", sagte Investmentstratege Brian Jacobsen von Allspring Global Investments. Die Anleger sorgten sich, dass die Fed die Dinge noch weiter vorantreiben werde als sie es bereits getan habe. Dies berge das Risiko, dass es keine sanfte Landung der Wirtschaft geben werde, sondern "eher einen Aufprall".

US-Präsident Joe Biden reklamierte den Boom am Arbeitsmarkt unterdessen für sich: "Die Jobs gehen nach oben, die Inflation geht runter und mein Wirtschaftsplan funktioniert", twitterte er aus dem Weißen Haus.

QUOTE SINKT

Abgerundet wurde der rasante Start des Jobmotors ins Jahr von der getrennt erhobenen Arbeitslosenquote: Sie fiel überraschend auf 3,4 von 3,5 Prozent im Dezember. "Das entspricht sogar dem tiefsten Stand seit 1969", ordnet NordLB-Analyst Bernd Krampen die Zahl ein. In der separat ermittelten Befragung zur Arbeitslosenquote legte demnach die Zahl der Beschäftigten um nahezu eine Million und die der Erwerbspersonen um über eine Million zu, was die Arbeitslosenquote insgesamt leicht nach unten drückte: "Damit war nicht zu rechnen gewesen", so das Fazit des Experten. Er verweist darauf, dass viele neue Jobs im Gastronomie- und Freizeitbereich nach dem Ende der Covid-Restriktionen zum Job-Boom beitrugen.

Die Zentralbank Federal Reserve will die Inflation im Land eindämmen und mit höheren Zinsen zudem den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen. Sie schaltete angesichts der abflauenden Inflation jüngst allerdings einen weiteren Gang herunter und erhöhte den Leitzins lediglich um einen Viertel-Prozentpunkt - auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Damit kehrt nach einer Serie relativ großer Zinsschritte wieder etwas Normalität in der Geldpolitik ein.

"ECHTER KNALLER"

Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank nannte die US-Jobdaten einen "echten Knaller": "Der US-Arbeitsmarkt zeigt im Januar keinen Hauch von Abkühlung. Der Beschäftigungszuwachs zieht sich durch nahezu alle Branchen." Dennoch würden die geldpolitischen Bremsmanöver in den kommenden Monaten zu einem langsameren Beschäftigungszuwachs beitragen: "Das bestärkt die Aussicht, dass der vom noch engen Arbeitsmarkt ausgehende Lohn- und Inflationsdruck allmählich abflaut", so der Experte.

Mit Blick auf den Inflationsdruck achtet die US-Notenbank auch auf das Lohnwachstum. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten im Januar um 4,4 Prozent zum Vorjahr zu, nach 4,8 Prozent im Dezember. "Unter Heranziehen der aktuellen Inflationsrate von 6,5 Prozent müssen Arbeitnehmer Reallohneinbußen hinnehmen. Gefahren einer Lohn-Preis-Spirale sind derzeit jedenfalls nicht erkennbar", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank.

Von der Arbeitsmarktentwicklung sollte seiner Ansicht nach nicht unmittelbar auf die Geldpolitik geschlossen werden. "Die Fed möchte mit ihrer straffen Geldpolitik primär die hohen Inflationsraten bekämpfen, wenn sich dabei der Arbeitsmarkt weiterhin stabil entwickelt, ist dies umso besser."

(Mitarbeit Frank Siebelt, Shubham Batra, Shreyashi Sanyal, Johann M Cherian, Anika Ross, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Lucia Mutikani und Reinhard Becker