PARIS/LONDON (awp international) - Die europäischen Aktienmärkte haben am Donnerstag an die letztlich erzielten Gewinne vom Vortag angeknüpft. Auch am Tag zwei nach den US-Wahlen scheint die Hängepartie um den künftigen Vorsitz im Weissen Haus den Anlegern also keine nachhaltigen Sorgen zu bereiten. Der EuroStoxx stieg am späten Vormittag um 1,29 Prozent auf 3201,99 Zähler. Er erreichte damit ein Hoch seit gut zwei Wochen.

In Paris rückte der Cac 40 um etwa ein Prozent auf 4972,57 Punkte vor und in London gewann der FTSE 100 immerhin knapp ein halbes Prozent auf 5912,11 Zähler. Regional deutlichere Gewinne gab es in Frankfurt beim Dax .

"Derzeit sieht es so aus, als ob Biden die Präsidentschaft gewinnt, die Republikaner aber ihre Mehrheit im Senat verteidigen", sagte Stratege John Vail von Nikko Asset Management. Für endgültige Klarheit könnten aber noch zwei Monate ins Land ziehen, glaubt er. "In der Zwischenzeit schwelgen sowohl die Aktien- als auch die Anleihemärkte in Erwartung eines abgeschwächten demokratischen Konjunkturprogramms." Vail hält es auch für möglich, dass viele Unternehmen in der festgefahrenen Situation gedeihen können, solange grösseren Unruhen ausbleiben.

Nach den hohen Kursgewinne von Technologiewerten an der New Yorker Nasdaq-Börse sind am Donnerstag auch die europäischen Branchenwerte im Rally-Modus geblieben. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Technology gewann als Spitzenreiter 2,8 Prozent. Befeuert wurde die Rally von überragenden Zahlen und einem von den Anlegern gefeierten Ausblick des US-Chipkonzerns Qualcomm.

Recht einsam zeigten auf der anderen Seite der Branchentabelle die Bankenwerte Schwäche - mit einem knappen Abschlag von 0,1 Prozent bei ihrem Teilindex. Hier gab nach Zahlen unter anderem ein Kursrutsch um 6,4 Prozent bei der ING die Richtung vor. Die Niederländer enttäuschten die zuletzt eher gute Branchenzahlen gewohnten Anleger mit einem laut JPMorgan -Analyst Raul Sinha durchwachsenen Ergebnis. Jetzt sollen 1000 Stellen gestrichen werden.

Als Gegengewicht, das den Stoxx Europe 600 Banks gleichwohl nichts ins Plus verhelfen konnte, fungierte die Aktie des Societe Generale , die in Paris als Spitzenreiter im Cac 40 wegen starker Zahlen um 3,6 Prozent hoch schnellte. Der bereinigte Nettogewinn sei in etwa doppelt so hoch wie vom Analystenkonsens erwartet, schrieb Analystin Flora Bocahut von Jefferies.

Auch abseits der Bankenbranche machte hierzulande die Berichtssaison der Unternehmen am Donnerstag wieder viele Schlagzeilen. Siemens Gamesa rückten in Madrid trotz schwach gewerteter Resultate um etwa drei Prozent vor. Laut Analyst Ajay Patel von Goldman Sachs war aber der bestätigte Ausblick des Herstellers von Windkraftanlagen wichtig.

In Zürich profitierte die Aktie der Versandapotheke Zur Rose vom Rückenwind des Konkurrenten Shop Apotheke , der als Profiteur der Corona-Krise erneut starke Zahlen vorgelegt hatte. Während die Papiere der Shop Apotheke in Frankfurt um mehr als sechs Prozent anzogen, legten jene der Schweizer um fast drei Prozent zu.

In London fielen die Aktien der Supermarktkette Sainsbury mit einem Abschlag von 4,7 Prozent negativ auf. Als Stimmungsbremse gelten geplante Stellenstreichungen, mit denen das Unternehmen auf die Pandemie reagieren und seine Profitabilität steigern will. Dazu sollen auch Geschäfte der Haushaltswarenkette Argos geschlossen werden./tih/fba