PARIS/LONDON (awp international) - Anleger an den europäischen Börsen sind auch am Donnerstag aus dem Risiko gegangen. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone verlor am Vormittag 0,6 Prozent auf 3514 Punkte und rutschte erstmals seit einem Monat kurzzeitig unter die runde Marke von 3500 Punkten. Allerdings setzte sich das Börsenbarometer vom Tagestief wieder nach oben ab.

Der offene Streit zwischen der Europäischen Union und dem Pharmakonzern Astrazeneca um dessen Corona-Impfstoff kommt bei Marktteilnehmern nicht gut an: "Dieser Vorfall könnte in den kommenden Tagen noch explosiver werden", sagte Analyst Jim Reid von der Deutschen Bank. Im Gespräch ist nun ein "Impfgipfel" zur Lösung der Misere. Derweil büssten die Aktien von AstraZeneca in London 1,8 Prozent ein und weiteten damit die Verluste vom Vortag aus.

Auch von der Federal Reserve gab es keinen Rückenwind für die Börsen. Im Gegenteil, nach Beginn der Sitzung der US-Notenbanker am Vorabend hatten die US-Aktien die Verluste noch ausgeweitet. Volkswirt Christian Scherrmann vom Vermögensverwalter DWS wies auf eine Aussage des Fed-Chefs William Powell hin, wonach Arbeitsplätze in den USA wegen der Corona-Pandemie ganz wegfallen könnten. Diesen Hinweis Powells könne man so interpretieren, "dass die Fed nachhaltige wirtschaftliche Veränderungen durch die Pandemie antizipiert", so Scherrmann.

In Paris gab der Leitindex Cac 40 um 0,26 Prozent auf 5445 Zähler nach. Hier setzten sich die Papiere des Chip-Produzenten STMicro nach Quartalszahlen an die Spitze mit einem Aufschlag von 5,6 Prozent. Das Unternehmen verbessere seine Marktposition mehr und mehr, sagte Analyst Achal Sultania von der Credit Suisse.

Der auch "Footsie" genannte Londoner Leitindex FTSE 100 geriet stärker unter Druck und verlor 1,3 Prozent auf 6484 Punkte. Schlusslicht unter den 100 Aktien waren die des Lebensversicherers Prudential , die um fast acht Prozent absackten. Das Unternehmen will die US-Tochter Jackson National Life nicht an die Börse bringen, sondern an die Prudential-Aktionäre abgeben. Auch erwägt die Assekuranz eine Kapitalerhöhung.

Zu den grössten Gewinnern im Footsie zählten mit plus 3,6 Prozent die Aktien des Spirituosenkonzerns Diageo . Der Hersteller von Marken wie Johnny Walker, Wodka Smirnoff und Baileys überzeugte mit den Zahlen zum ersten Geschäftshalbjahr. Analysten lobten vor allem gute Geschäfte auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt.

Papiere von Easyjet verloren ein Prozent. Angesichts der Corona-Beschränkungen wird der Billigflieger von Januar bis März höchstens zehn Prozent der Fluge durchführen. Die Aktien des Kontrahenten Wizz Air stiegen dagegen um fast fünf Prozent. Analyst David Madden vom Broker CMC Markets verwies darauf, dass Wizz Air für die kommenden schweren Monate gut durchfinanziert sei./bek/mis