PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Börsen sind am Freitag wieder in den Sog anziehender Anleiherenditen geraten. Nachdem die wichtigsten Aktienindizes am Donnerstag noch von der Aussicht auf eine weiter extrem lockere US-Geldpolitik profitierte hatten, dominierten zum Wochenschluss wieder die Minuszeichen.

Der EuroStoxx 50 schloss 0,79 Prozent tiefer bei 3837,02 Punkten. Tags zuvor noch war der Leitindex der Eurozone auf den höchsten Stand seit 13 Jahren geklettert. Auf Wochensicht ergibt sich damit ein Plus von 0,1 Prozent.

Der Pariser Leitindex Cac 40 büßte am Freitag 1,07 Prozent auf 5997,96 Punkte ein. Für den Londoner FTSE 100 ging es um 0,87 Prozent auf 6720,39 Punkte nach unten.

Bereits seit geraumer Zeit profitieren die Anleiherenditen von den billionenschweren Konjunkturhilfen der US-Regierung sowie den Fortschritten bei der Impfkampagne gegen das Coronavirus. Die Aussicht auf eine massive Erhöhung der Staatsausgaben hat bei den Aktienanlegern jüngst Inflationssorgen wieder neu entfacht. Zudem machen steigende Zinsen zum Beispiel Anleihen als Alternative zur Aktienanlage attraktiver.

Darüber hinaus sorgten politische Misstöne zwischen China und den USA für Nervosität, denn das Treffen zwischen den Außenministern der beiden Großmächte hatte mit gegenseitigen Vorwürfen begonnen. Ferner wirbelte der große Verfall an den Derivatebörsen an diesem Freitag die Kurse an den Aktienmärkten wohl auch etwas auf, denn im Tagesverlauf liefen Terminkontrakte auf Indizes und einzelne Wertpapiere aus.

Unter den 19 Sektoren Europas war die Bankenbranche mit einem Minus von 2,3 Prozent das Schlusslicht. Belastet wurde der Sektor auch von einer Entscheidung der US-Notenbank, Kapitalerleichterungen für Banken während der Corona-Krise nun zu beenden. Am US-Anleihemarkt, der stark von den Änderungen betroffen ist, gaben die Kurse spürbar nach. Die Renditen stiegen im Gegenzug an - vermutlich aus der Sorge heraus, die Nachfrage nach Staatspapieren könnte jetzt zurückgehen.

Spitzenreiter im Branchentableau war der Versorgersektor mit plus 1,5 Prozent. Hier ragten die Aktien von Enel heraus, die nach einem kräftigen Kursverlust zum Handelsauftakt am Ende 3 Prozent gewannen. Das Unternehmen hatte im abgelaufenen Jahr trotz Schwierigkeiten auf dem Heimatmarkt Italien unter dem Strich den Gewinn gesteigert. Nun soll es eine höhere Dividende als im Jahr 2019 geben. Zudem wurde der Gewinnausblick 2021 bestätigt, was Barclays-Analyst Jose Ruiz "ermutigend" nannte.

Die Anteilsscheine von Valeo waren Schlusslicht im Cac 40. Sie litten mit minus 3,8 Prozent wohl vor allem unter einer Studie der britischen Investmentbank Barclays. Eine Erholung sollte zwar in den kommenden Jahren die Gewinne von Autozulieferern deutlich antreiben, auf dem gegenwärtigen Kursniveau der Branchenwerte aber sei wohl nicht mehr viel zu holen, schrieb Analyst Erwann Dagorne./la/fba