PARIS/LONDON (awp international) - Mit einem Kursfeuerwerk haben Europas grosse Aktienmärkte am Montag auf den Wahlsieg des demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und die Aussicht auf einen Corona-Impfstoff reagiert. Der EuroStoxx 50 schnellte um 6,36 Prozent nach oben auf 3407,91 Punkte auf den höchsten Stand seit Juli.

Ein effektiver Corona-Impfstoff in Europa und den USA rückt in greifbare Nähe: Das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Pharmariese Pfizer teilten mit, ihr Impfstoff biete einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor der Krankheit Covid-19. Schwere Nebenwirkungen seien nicht registriert worden. Beide Unternehmen wollten voraussichtlich ab der kommenden Woche die Zulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen.

Der französische Cac 40 stieg daraufhin um 7,57 Prozent auf 5336,32 Punkte. Das war der höchste Stand seit Anfang März. Der britische FTSE 100 gewann 4,67 Prozent auf 6186,29 Zähler und überwand damit wieder die 6000er Marke.

Den Sieg Joe Bidens im Rennen um das Weisse Haus werteten Experten positiv. Biden habe vor allem mit höheren Staatsausgaben geworben, sagte Analyst Christian Kahler von der DZ Bank. Mit enormen Summen wolle er die Infrastruktur wieder fit machen. Auch die Wirtschaft solle direkt profitieren: Die Forschung und Entwicklung solle gezielt gefördert werden, zum Beispiel für klimafreundliche Technologien. Von Massnahmen, die der Wirtschaft ernsthaft schaden würden, dürfte Biden hingegen abrücken. "Denn die konjunkturelle Erholung will er sicherlich nicht gefährden", so Kahler.

In der Sektorenübersicht waren europaweit Bankentitel und die Aktien der Öl- und Gasbranche gefragt. Die entsprechenden Branchenindizes verzeichneten Gewinne von gut zwölf beziehungsweise mehr als zehn Prozent. Am unteren Ende des Sektortableaus waren Papiere aus dem Gesundheitsbereich zu finden. Deren Index gab leicht nach. Sie galten in den vergangenen Monaten als Profiteure der weltweiten Pandemie des Coronavirus.

Unternehmensnachrichten waren zum Wochenbeginn Mangelware. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte die Meldung, dass der Flugzeugbauer Airbus im Oktober wieder mehr Maschinen ausgeliefert hat. Nach 39 Jets im August und 57 im September wurden im Oktober 72 Exemplare an die Kunden übergeben. Mit einem Kurs-Rally von fast 19 Prozent zählten die Airbus-Aktien zu den grössten Gewinnern im EuroStoxx-50-Index. Sie profitierten aber vor allem von der mit einem Corona-Impfstoff verbundenen Fantasie, dass sich die weltweite Luftfahrtbranche wieder erholen könnte. Air France-KLM schossen in Paris um 27,5 Prozent nach oben und der Kurs des Triebwerkherstellers Rolls Royce in London sogar um über 40 Prozent.

Ebenfalls in London büssten die Papiere von Reckitt Benckiser fast 6 Prozent ein. Die Aktien des Herstellers von Reinigungsprodukten gelten als Profiteure der Pandemie des Coronavirus. Angesichts eines möglichen Impfstoffs verabschiedeten sich Anleger am Montag von ihnen. Auch an anderen Börsenplätzen wurden die Aktien von Corona-Profiteuren der vergangenen Monate verkauft.

Daneben bewegten auch Analystenstudien die Kurse. So stufte die US-Investmentbank Morgan Stanley die Papiere des Insulinherstellers Novo Nordisk von "Equal-weight" auf "Underweight" herab. Die Aktien büssten 3,5 Prozent ein./bek/he