PARIS/LONDON (awp international) - Die europäischen Börsen haben ihre Gewinne am Mittwoch bis zum Mittag sukzessive ausgebaut. Nach der jüngsten Korrektur erholten sich die Kurse merklich. Der EuroStoxx 50 legte am Vormittag um 2,32 Prozent auf 4172,85 Punkte zu.

Auch an den grossen Länderbörsen ging es deutlich nach oben. In Paris rückte der Cac 40 um 2,15 Prozent auf 6984,85 Punkte vor. Der FTSE 100 in London zog um 1,72 Prozent auf 7498,09 Zähler an.

An der Börse zeigte sich damit eine oft zu beobachtende Entwicklung: Je näher eine mögliche Belastung rückt, desto stärker ist sie bereits in die Kurse eingearbeitet. Der erwartete striktere geldpolitische Kurs der US-Notenbank dürfte mit dem Rückschlag in diesem Monat abgearbeitet sein, so dass die Märkte wieder nach vorne schauen. Hinzu kamen die anziehenden US-Futures.

"Wir gehen davon aus, dass die Fed auf der heute endenden Sitzung am Kurs auf eine Zinserhöhung im März festhält und keine schneller als erwartete Straffung der Geldpolitik andeutet", hiess es von der BayernLB. "Sofern Russland nicht kurzfristig in die Ukraine einmarschiert, sollten sich die Aktienmärkte daher stabilisieren."

Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect macht eine starke Nachfrage nach zyklischen Sektoren aus, während defensive Aktien nicht ganz mithielten. Gefragt waren Autowerte, Chemieaktien und Industriewerte. Rohstoff- und Öltitel profitieren unterdessen vom Anstieg der Preise. "Dass es weiterhin nicht zu einer ausgeprägteren und länger anhaltenden Preiskorrektur kommt, ist in erster Linie dem Ukraine-Konflikt geschuldet", merkte Rohstoffanalyst Carsten Fritsch von der Commerzbank dazu an. "Denn sollte dieser zu einer Unterbrechung von Öllieferungen aus Russland führen, wären zumindest kurzfristig Ölpreise von deutlich über 100 Dollar zu erwarten."

Gefragt waren auch Sektoren, die im Zuge der jüngsten Korrektur unter die Räder gekommen waren. Das waren in erster Linie die Technologie- und Freizeitwerte. Daneben gehörten Bankwerte zu den Favoriten. Der Sektor gilt als Profiteur steigender Zinsen. Die gebeutelte Aktie der Credit Suisse zog um 4,7 Prozent an.

Selbst schlechte Nachrichten belasten nicht. So kletterten Vestas um über vier Prozent. Der dänische Windkraft-Anlagenbauer rechnet auch 2022 mit Problemen in seinen Lieferketten und damit einhergehenden Zusatzkosten. Mit seiner der Prognose schliesst Vestas einen Umsatzrückgang in diesem Jahr nicht aus. Allerdings waren die Aktien jüngst schon stark gefallen, vieles ist also im Kurs schon eingepreist.

Erst in der vergangenen Woche hatte Siemens Gamesa mit der Senkung seiner Prognose negativ überrascht. Die Siemens-Energy-Tochter kämpft ebenso mit Lieferkettenproblemen und explodierenden Kosten, aber auch mit Verzögerungen bei Projekten und Mängeln bei einer neuen Landturbine. Ein Analyst hatte daraufhin die Windkraftbranche als "nicht investierbar" bezeichnet./mf/mis