PARIS/LONDON (awp international) - Europas wichtigste Aktienmärkte haben am Donnerstag die Erholung vom Vortag ausgeweitet. Der EuroStoxx 50 tendierte am späten Vormittag 1,65 Prozent fester mit 3478,29 Punkten. Der französische Cac 40 zog um 1,56 Prozent auf 6004,55 Punkte an, während der britische FTSE 100 mit 1,1 Prozent auf 7186,37 Zähler nicht ganz mithielt.

Der britische Premierminister Boris Johnson will Medienberichten zufolge von seinem Amt als Parteichef der britischen Konservativen zurücktreten. Er wäre damit in Kürze auch sein Amt als Regierungschef los, wie die "BBC" unter Berufung auf Regierungskreise berichtete.

Günstige Signale aus den USA beflügelten. "Nach einer tiefen Rezession sieht es aktuell nicht aus", interpretierte Anlagestratege Ullrich Stephan von der Postbank die jüngsten Konjunkturdaten in Übersee. Daher belastete auch der unveränderte Zinserhöhungskurs der US-Notenbank nicht. "Dass die US-Notenbank mit weiteren Zinserhöhungen mal für Erleichterung am Aktienmarkt sorgen würde, klingt zwar etwas paradox", so Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. "Allerdings interpretieren die Investoren die Entschlossenheit der Fed, die aus dem Sitzungsprotokoll in diesem Punkt hervorgeht, als Zeichen des Vertrauens in die Robustheit der Konjunktur."

Profiteure der stabilisierten Konjunkturaussichten waren zyklische Werte, allen voran die volatilen Autoaktien. Daneben stiegen Rohstoffwerte, die zuletzt unter Rezessionsängsten gelitten hatten, deutlich. So preschten ArcelorMittal mit über sechs Prozent Gewinn vor.

Auch Technologiewerte waren gefragt. Hier stützten starke Vorgaben von Samsung . Dank der anhaltend starken Chip-Nachfrage hatte der Elektronikkonzern für das zweite Quartal hohe Zuwächse verzeichnet. In seinem Ergebnisausblick für den Zeitraum April bis Juni geht der Weltmarktführer bei Speicherchips, Smartphones und Fernsehern von einem Anstieg des operativen Gewinns um 11,4 Prozent aus. ASML zogen vor diesem Hintergrund um 3,4 Prozent an. Samsung ist einer der wichtigsten Kunden des niederländischen Halbleiterausrüsters.

Weniger gesucht waren defensive Sektoren. Die Aktien der Nahrungsmittelhersteller verzeichneten sogar leichte Verluste. Hier belasteten die Abgaben des Schwergewichts Nestle . Die Aktie hatte zuletzt gegen den Markttrend zugelegt und war damit einmal mehr ihrer Rolle als sicherer Hafen gerecht geworden. Sie gab nun um 0,4 Prozent nach.

Unter den Einzelwerten fiel eine weitere Schweizer Aktie auf. Clariant zogen um knapp vier Prozent an. Händler verwiesen darauf, dass wieder einmal Gerüchte über die Zukunft des Spezialchemiekonzerns am Markt kursierten. Sie zitierten einen Bericht des Onlineportals "The Market", wonach bei Clariant die Governance-Vereinbarung mit dem saudischen Grossaktionäre Sabic Ende Juni ausgelaufen sei und damit beim Spezialchemieunternehmen wieder alle strategischen Optionen offen stünden. Sabic hält 31,5 Prozent an Clariant und könnte den Konzern vollständig übernehmen. Denkbar wäre aber auch eine andere, von den Saudis initiierte Transaktion. Daher suche Clariant nun das Gespräch mit Investoren./mf/jha/