PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Dienstag weiter nachgegeben. Marktteilnehmer fürchten, dass sich erhebliche Belastungen für die Aktienmärkte zusammenbrauen. Zum Handelsschluss verlor der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 0,97 Prozent auf 4129,18 Punkte. Für den französischen Cac 40 ging es um 0,70 Prozent auf 7074,02 Punkte nach unten. Der britische FTSE 100 kam mit plus 0,02 Prozent auf 7625,72 Punkten letztlich kaum von der Stelle.
Schwache US-Börsen bei einem überraschend deutlich eingetrübten Verbrauchervertrauen in den Vereinigten Staaten und negative Signalen vom US-Häusermarkt liessen am Nachmittag die Kurse zeitweise weiter fallen, ehe sie sich wieder etwas berappelten.
Mit Bangen blicken derzeit die Marktteilnehmer auf den Renditeanstieg am Anleihemarkt. Zumal keine Wende absehbar ist, wie Chris Iggo, Chef-Anlagestratege bei Axa Investment Managers betonte: "Ohne weitere Hinweise auf eine nachlassende Konjunktur und eine Rückkehr der Inflation zum Zielwert wird die Fed die Geldpolitik entweder weiter straffen oder den aktuellen Zins noch länger beibehalten. Alle grossen Notenbanken sprechen sich zurzeit für 'higher for longer' aus." Damit drohe eine neue Situation an den Finanzmärkten, die sich von den vorangegangenen Dekaden unterscheide. "Investoren müssen beachten, dass die Zinsen in nächster Zeit höher sein könnten, als sie es aus den letzten 20 Jahren kennen", so Iggo. Hierdurch werde der Anleihemarkt aber zu einer ernsthaften Alternative zu Aktienanlagen.
Auch sonst ist die Lage alles andere als rosig. "Die Konjunkturentwicklung in China steht vor einer erneut harten Bewährungsprobe", stellte Marktexperte Andreas Lipkow fest. Hinzu kämen politische Spannungen. "Nicht zuletzt die Zuspitzung des politischen Streits zwischen China und dem Euroraum lassen Investoren aufhorchen", so Lipkow. "Der Ton verschärft sich seit einigen Wochen und könnte in einen Handelsstreit zwischen den beiden Wirtschaftsräumen führen."
Die deutlichen Verluste im zinssensiblen Technologiesektor waren daher keine Überraschung. Zumal es negative Nachrichten aus der Branche gab. Die Aktien des Chipbranchen-Ausrüsters ASML verloren 2,2 Prozent und folgten damit den schwachen Vorgaben von ASM International , dessen neue Geschäftsziele für 2025 Analyst Janardan Menon von Jefferies als enttäuschend bezeichnete.
Auch andere zins- und konjunktursensible Branchen wie Immobilien und Automobile standen unter Druck. Bei den Konsum- und Luxusgütern belastete eine Studie von Morgan Stanley.
Die US-Investmentbank hatte die Schätzungen für das organische Umsatzwachstum der meisten europäischen Luxusgüterkonzerne im dritten und vierten Quartal reduziert. Das führte bei zahlreichen Werten der Branche zu niedrigeren Kurszielen und Abstufungen. Auch längerfristig dürfte die schwächere Nachfrage vor allem aus China das Wachstum bremsen, prognostizierte Analyse Edouard Aubin. Kering verloren 2,2 Prozent, LVMH gaben um 1,4 Prozent nach. Bereits am Vortag hatte eine pessimistische Studie von Bank of America Aktien aus der Luxusgüterbranche belastet./ajx/he